Theaterabend erinnert an Benno Besson

"Das Leben ist doch ganz lustig"

06:10 Minuten
Der Schweizer Regisseur Benno Besson.
Zu DDR-Zeiten wurde der Schweizer Regisseur Benno Besson bestaunt und repräsentierte damals die große, weite Welt. © imago stock&people / imago stock&people
Von Gerd Brendel · 29.10.2022
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Der Schauspieler und Regisseur Benno Besson prägte in den 1960er- und 1970er-Jahren die Theaterlandschaft der DDR. Zu seinem 100. Geburtstag wird an der Berliner Volksbühne an den verstorbenen Theatermacher erinnert, der dort einst Intendant war.
Der Regisseur Benno Besson, der am 4. November 1922 in der Schweizer Kleinstadt Yverdon zur Welt kam, zählt zu den fast vergessenen Theaterikonen. Dabei gehört er in eine Reihe mit Theatergrößen wie Giorgio Strehler, Patrice Chereau oder Peter Zadek.
Dass er halb vergessen ist, mag auch daran liegen, dass Besson als Regisseur und Intendant vor allem die Theaterlandschaft der DDR in den 1960er- und 1970er-Jahren prägte. Später inszenierte der Brecht-Schüler auch im Westen.
Am Freitag, den 4. November, hätte der 2006 verstorbene Theatermacher seinen 100. Geburtstag gefeiert. Die Berliner Volksbühne gibt ihm zu Ehren ein großes Fest.

Erinnerungen der Tochter Katharina Thalbach

"Meine Erinnerungen an Benno fangen da an, wo ich angefangen habe, bewusst Dinge wahrzunehmen", sagt Bessons Tochter, die Schauspielerin Katharina Thalbach. "Das war schon im Berliner Ensemble, ich war damals drei oder vier." Anderen galt Besson damals zu DDR-Zeiten als "Ausländer, Träumer, politisch nicht ganz zuverlässig", sagt Liedermacher Wolf Biermann, damals Bessons Regieassistent.

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Theater von Menschen für Menschen: Das war für den Regisseur Benno Besson das Wichtigste. Seinen Theaterweg begann der Schweizer aus dem französisch-sprachigen Kanton Waadt mit Schauspielunterricht mitten im Krieg in der französischen Stadt Lyon. Er wurde dann Regieassistent in Zürich und hier begegnete er 1947 einem anderen Theatermann, der Bessons weiteren Weg entscheidend prägte.

Bertolt Brecht lädt nach Ost-Berlin ein

Besson ist tief beeindruckt von der Premiere von „Herr Puntila und sein Knecht Matti“ des Dramatikers Bertolt Brecht. Die Sympathie ist gegenseitig und Brecht lädt Besson 1949 als Regisseur nach Ost-Berlin ein.
Für die nächsten Jahre wird das Berliner Ensemble Bessons künstlerische und private Heimat. Hier lernt er die Schauspielerin Sabine Thalbach kennen und 1954 kommt die gemeinsame Tochter Katharina Thalbach zur Welt.
Die Schauspielerin erinnert sich an eine Inszenierung ihres Vaters im Berliner Ensemble: "Wie dann Wolf Kaiser Annemarie Schlebitz einfach über den Rücken geworfen hat und in den gemalten Wald getragen hat, das hat mich damals schon merkwürdig erregt, das war offensichtlich meine erste erotische Erfahrung mit vier Jahren, die mir mein Vater beschert hat."

"Der Drache" als großer Erfolg

Nach Brechts Tod wechselt Besson an das Deutsche Theater ebenfalls in Ost-Berlin. Seine Inszenierung von Jewgeni Schwarz‘ Stück „Der Drache“ gilt bis heute als legendär. Die Geschichte des Drachentöters Lanzelot, der die Stadt gegen den Willen der Oberen vom Ungeheuer befreit, wird fast 600 Mal aufgeführt.
"Er war klug, klüger als ich", sagt Biermann. "Denn er inszenierte das Stück als Märchen, und überließ es den Leuten im Zuschauerraum, ihre Schlüsse zu ziehen."
Die Berliner Volksbühne
Der Schweizer Regisseur Benno Besson war lange Intendant der Berliner Volksbühne.© Imago / Fotostand / Reuhl
1969 kam Besson an die Berliner Volksbühne und prägte dort eine ganze Generation von Schauspielern und Schauspielerinnen, auch seine Tochter. "Benno war einer der besten Vormacher", so Thalbach. "Vollkommen egal, ob Mann, Frau, Greis, Kind." Er habe auch mal eine halbe Stunde an einer Betonung gearbeitet, "und länger, bis man es konnte. Dadurch bekamen seine Inszenierungen etwas unglaublich Musikalisches."

Volksnahes Theater

Es waren Inszenierungen, die oft den Rahmen einer üblichen Aufführung sprengten. "Die Spektakel zum Beispiel, die an der Volksbühne stattfanden, das war volksnahes Theater", sagt die Dramaturgin und kurze Zeit auch Intendantin der Berliner Volksbühne, Sabine Zielke. "Er hat sich auch überhaupt nicht gescheut, die Spielerinnen und Spieler vors Haus zu stellen, sie Bockwürste verkaufen zu lassen."
Immer öfter inszenierte Besson Stücke, die der Partei nicht passten – wie die des Dramatikers Heiner Müller. Es kam zum Konflikt und 1977 verließ Besson die DDR. Fortan inszenierte er in Frankreich, in der Schweiz. 1992 kehrte er noch einmal nach Berlin zurück und inszenierte am Berliner Schiller Theater auf Einladung seiner Tochter die Komödie „Hase, Hase“ über eine dysfunktionale Familie.
"Für mich ist das wichtigste, bei der Schlimmheit der Weltsituation, des Werdegangs der Menschheit, das Lachen nicht zu verlernen", sagte Besson damals in einem Interview. "Dass die Leute rauskommen aus dem Theater und sagen, Selbstmord wäre das Beste, das ist nicht mein Ding. Ich mag gerne, wenn die Leute aus meinen Aufführungen rausgehen und sagen, ich mag das Leben. Das Leben ist doch ganz lustig."
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