Rahul Raina: "Bekenntnisse eines Betrügers"

Ein fauler Schüler wird zum Medienstar

05:29 Minuten
Cover von Rahul Rainas "Bekenntnisse eines Betrügers"
© Kein & Aber

Rahul Raina

Aus dem Englischen von Alexander Wagner

Bekenntnisse eines BetrügersKein & Aber, Zürich 2022

403 Seiten

25,00 Euro

Von Johannes Kaiser · 31.05.2022
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Der Star eines indischen Quizsendung verdankt seinen Ruhm einem schamlosen Betrug. Das wird sich bitter rächen. Rahul Rainas Roman "Bekenntnisse eines Betrügers" ist eine rabenschwarze Satire, die mit den korrupten indischen Eliten abrechnet.
Das indische Bildungssystem ist geprägt von korrupten Staatsdienern, bestechlichen Lehrkräften, Betrug und Kastendünkel. Dieses Thema nimmt der 29-jährige indische Schriftsteller Rahul Raina in seinem Debütroman „Bekenntnisse eines Betrügers“ auf. Sein Protagonist, der Ich-Erzähler Ramesh Kumar, nutzt die Problemlage schamlos für sich aus. Ohne jegliche Skrupel verkauft er seine intellektuellen Fähigkeiten an die reichen Eltern dummer Kinder. Gegen eine hohe Belohnung absolviert er unter deren Namen die jährlich stattfindende gesamtindische Uniaufnahmeprüfung, die „All Indians“.

Faul und dumm, aber reich

Wer unter die ersten tausend kommt, dem stehen nicht nur die besten Universitäten offen, sondern auch alle Karrieren in Staat, Wirtschaft und Medien. Schließlich schreibt er für Rudi, einem strohdummen, faulen 18-jährigen aus reichem Hause, den Test. Und der schneidet als bester Prüfling ganz Indiens ab.
Die Medien stürzen sich auf das vermeintliche Genie, und Kumar hat alle Hände voll zu tun, seinen naiven Schützling vor unbedachten Äußerungen zu bewahren. Mit Kumar an der Seite wird Rudi binnen kürzester Zeit zum indischen Medienstar. Das kann nicht gut ausgehen. Die beiden werden gekidnappt, und Kumar wird ein Finger abgeschnitten.

Sprünge zwischen den Zeitebenen

Das ist die Kurzfassung der Geschichte. Doch auch wenn das Ende hier vorweg genommen wird, versteht es der Autor, die Spannung zu halten. Er erzählt die Geschichte nochmals ganz von vorn. Dabei springt er geschickt zwischen den Zeitebenen hin und her, bis wir in der Gegenwart ankommen. Eingeschoben in Rudis Medienkarriere ist Kumars eigener Werdegang.
Eine Nonne entdeckte seine Intelligenz und förderte den Sohn eines bettelarmen Teeverkäufers gegen massive Widerstände. Selbst von den Prüfungen ausgeschlossen, schreibt er jetzt die Examen anderer bis hin zu dem großen Erfolg mit Rudi.
Ihm ebnet er eine Karriere als vermeintliches Superhirn einer Fernsehquizshow, in der ausgewählte Kandidaten gegen Rudi antreten. Niemand hat eine Chance gegen ihn, denn ihm werden die Antworten souffliert. Bis dieses Spiel besagtes dramatisches Ende findet, bei der auch noch eine Liebesaffäre eine Rolle spielt.

Überall Ironie

Der Roman ist eine bitterböse Abrechnung mit dem modernen Indien und seinen reichen Eliten aus Politik und Wirtschaft, eine rabenschwarze Screwballkomödie, die zeigt, wie Geld Indiens Welt regiert. Vom Hausmeister bis zum Minister: Alle sind käuflich.
Ironie tropft geradezu aus allen Sätzen. So beklagt der Erzähler, dass Rudi kokst, „eine fiese westliche synthetische Droge. Was war falsch an unseren Drogen, den sanften natürlichen orientalischen, wie Opium?“ Der Roman ist eine fulminante Anklage gegen soziale Ungerechtigkeiten, religiösen Fanatismus und hinduistische Politik. Bollywood trifft auf die Heute-Show.
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