ARD-Doku über Jan Ullrich

Der Heimatlose (Podcast)

08:56 Minuten
Jan Ullrich fährt bei der Tour de France 1997 im Gelben Trikot des Gesamtführenden bergan. Die Kamera nimmt ihn von vorn auf, sein Geischt ist gezeichnet von der Anstrengung. Im Hintergrund unscharf ein Begleitwagen und -motorräder sowie Zuschauer.
Jan Ullrich bei der Tour der France 1997. Filmemacher Ole Zeisler sagt 25 Jahre nach dem Sieg des Rostockers beim wichtigsten Radrennen der Welt, In Ullrichs Leben passten mehr als eins. © picture alliance / Augenklick / Roth
Ole Zeisler im Gespräch mit Timo Grampes · 01.07.2022
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Bei der Tour de France 1997 siegte ein deutscher Radsportler: Jan Ullrich. Die ARD beleuchtet in einer Serie das Leben des Rostockers, der nach seinem begeisternden Rundfahrt-Triumph durch mehr Tiefen als Höhen ging - die Tour gewann er nie wieder.
„Körperlich war er gesegnet, dieses Kraft-Masse-Verhältnis, was im Radsport des Entscheidende ist. Aber mental, mit den Wurzeln aus der Familie, war er nicht gesegnet“, erzählt ein Gesprächspartner in „Being Jan Ullrich“ über den ehemaligen Sportler. Die Serie zeigt die ARD in ihrer Mediathek, eine kürzere Fassung strahlt sie am Auftaktwochenende der Tour der France 2022 aus.
Ole Zeisler und sein Kollege Uli Fritz berichten auch über diesen Aspekt im Leben von Jan Ullrich. Dessen Vater, körperlich ein Riese, habe die Kinder geschlagen; einmal habe er Jan so geschlagen, dass dieser eine Platzwunde am Kopf bekommen habe, heißt es im Film.

Triumph und Absturz

Sportlicher Höhepunkt im Leben des gebürtigen Rostockers war der Sieg bei der Frankreich-Rundfahrt, der Radsport in Deutschland 1997 enorm populär machte und die Massen die Etappen in der ARD verfolgen ließ.
Mit Ullrichs Doping-Affäre 2006 als Team-Telekom-Fahrer und dem Doping im Radsport generell sank diese Begeisterung allerdings auch wieder rapide – und auch Ullrichs Stern.
Jan Ullrich sei jetzt Ende 40 und habe noch viel Lebenszeit vor sich, sagt Zeisler. Aber was er schon erlebt habe, würde auch in drei Leben passen.
Der Film schaue auf alle Etappen: "Von der Kindheit bis zum Entdecken des Talents über die ersten Titel und natürlich auf den großen, großen, großen Triumph 1997 – und auf den dann relativ schnell beginnenden sportlichen und teilweise auch privaten Absturz.“

Verständnis und Empathie wecken

Das Filmteam habe Empathie wecken und ein Gefühl dafür geben wollen, wo Ullrich herkommt: „Relativ einfache Verhältnisse, schwieriges Verhältnis zum Vater, keine sehr geordneten Familienverhältnisse.“
Zudem sei er schon als Kind nach Berlin gegangen, dann sei die Wende gekommen, er sei nach Hamburg gegangen: „Er wurde sehr früh als heimatlos bezeichnet, was, glaube ich, auch zutrifft“, sagt Zeisler. „Das wollten wir erzählen, um nicht nur den Menschen, sondern auch seine späteren Handlungen - nicht zu verstehen, aber auf gewissen Ebenen vielleicht nachvollziehen zu können.“
Man habe ein Verständnis für einen Menschen entwickeln wollen, von dem sich die Öffentlichkeit in hohem Maß abgewendet habe, obwohl er ihr 1997 viele schöne Stunden vor dem Fernseher beschert habe.

Ändert sich das Ullrich-Bild?

Vielleicht ändere sich das auch nun wieder: „Ich habe von vielen gehört, dass sie jetzt so ein bisschen dazwischen sind und nicht mehr sagen: Nee, geh mir weg mit Jan Ullrich“, sagt Zeisler.
Man habe sich nicht auf seine Seite schlagen wollen, so Zeisler, aber bewusst machen wollen, was alles auf Ullrich eingeprasselt sei, von der Kindheit bis zu den vielen Beratern: „Das muss man erstmal alles verpacken. Und ich glaube, das gelingt kaum einem Menschen.“
Mit Ullrich selbst konnten die Filmemacher dabei nicht sprechen, weil der durch einen Vertrag an eine andere Produktionsfirma gebunden sei. Er habe sehr höflich abgesagt, erklärt Zeisler.
(mfu)

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