"Rheingold" in Bayreuth
Da waren nicht nur die Nasen platt: Auch unserem Kritiker Jörn Florian Fuchs machte die "Rheingold"-Inszenierung schwer zu schaffen. © Bayreuther Festspiele/Enrico Nawrath
Die Regie ist noch das geringste Problem
07:45 Minuten
Valentin Schwarz inszeniert "Rheingold" bei den Bayreuther Festspielen als Auftakt seines "Ring des Nibelungen". Schlimmer als die Regie sei der Dirigent und die meisten Sänger, sagt unser Kritiker. Er hofft auf die anderen drei Teile.
Irgendetwas ist mit diesem Publikum heuer los. Wie schon bei der Bayreuther Festspiel-Eröffnung mit Tristan und Isolde wird auch diesmal geklatscht, gejubelt, getrampelt, als ob wir hier die Sensation aller Sensationen erlebt hätten.
Freilich gab es unmittelbar nach dem Ende des Rheingolds auch heftige Buhs, die sicher dem – noch nicht erschienenen – Regieteam galten. Die Regie ist allerdings, dazu kommen wir gleich, das geringste Problem des Abends.
Der Dirigent scheitert an seiner Geniehaltung
Fangen wir in der Mitte an. Dirigent Cornelius Meister gilt als versierter Wagner-Interpret, an seinem Stammhaus in Stuttgart erarbeitet er gerade einen Ring und ist bei der Walküre angelangt.
Vor einigen Jahren war Meister eine große Hoffnung, er brachte als damals jüngster Generalmusikdirektor Deutschlands am Theater Heidelberg Publikum wie Kritik zum Schwärmen. Mittlerweile hat er sich leider eine arge Geniehaltung zugelegt, möchte gerne die Dinge anders und ganz neu machen und scheitert damit regelmäßig.
Im Bayreuther Festspielhausgraben hört man nun ein Rheingold ohne Ecken und Kanten, eine solide, etwas brave musikalische Gestaltung, die zeitweise unterbrochen wird durch merkwürdige Eigenheiten. Blechfiguren stehen plötzlich im Raum, Tempi werden extrem gebremst und dann wieder hektisch angezogen – eine Meisterleistung war all das nicht.
Nun ist der Dirigent zwar für seinen erkrankten Kollegen Pietari Inkinen eingesprungen (wobei man hörte, dass er nur dritte Wahl war, Adam Fischer soll vorher angefragt worden sein), aber er assistierte schon in Bayreuth und somit gibt es zumindest kein Problem mit der ja sehr speziellen Akustik.
Kein Ton sitzt, die Diktion strauchelt
Gravierender liegen die Dinge bei der Besetzung. Wer um Himmels (oder der Hölle) willen besetzt bitte Arnold Bezuyen als Mime? Da sitzt kein Ton, die Partie wird grob durchgebrüllt – einfach schauderhaft!
Dann erleben wir mit Egils Silins einen Wotan, der seine Rolle mit oft strauchelnder Diktion singt. Daniel Kirch gibt Loge als vokale Stresspartie, mit vielen unschönen Tönen. Eigentlich sind nur Olafur Sigurdarsons Alberich, Christa Mayers Fricka und Okka von der Damerau als Erda festspielwürdige Stimmen. Von der Dameraus wohltönende, klare Tiefe ist ein Ereignis!
Wie Regisseur Valentin Schwarz den "Ring" intellektuell durchdringt, daüber lässt sich momentan noch nicht viel sagen. Anfangs sehen wir ein Video mit zwei Embryos, eines gibt dem anderen bald einen auf die Nabelschnur. Sind es Siegfried und Hagen?
Der garstige Alberich ist eine Art Hausbesorger und planscht mit drei netten Damen im Pool, eine Schar Kinder schaut zu und lacht, irgendwann wird es Alberich zu bunt und er entführt einen Jungen.
Die Riesen kommen im SUV
Dieser ist das von allen begehrte Rheingold, vielleicht handelt es sich um den jungen Bösewicht Hagen oder den kindlichen Helden Siegfried. Klarer wird es bei den Nibelungen, Mädchen hantieren mit Spielzeugpferden, ein Mädchen tritt hervor. Es handelt sich wohl um die junge Brünnhilde, umgeben von ihren Walküren-Schwestern.
Die Riesen kommen im SUV daher, der allerdings konstant in einer Garage parkt, was reichlich albern wirkt. Was machen die da, wenn sie gerade nicht auftreten, hören sie die Rheingold-Übertragung im Autoradio?
Valentin Schwarz verzichtet konsequent auf alles Mythologische und Märchenhafte, die einzige Wunderwaffe für Machtspiele und Sonstiges ist ein Revolver. Diese Familienfehde aus der Gegenwart beißt sich extrem mit Setzungen wie Jung-Brünnhilde & Co. Das muss aber kein Fehler sein, weil sich ja in den kommenden drei Ring-Teilen zeigen wird, zeigen muss, ob und was das wird. Wir sind gespannt und bleiben dran!