Abgeschoben aus der laufenden Ausbildung
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Beim Thema Abschiebungen lobt Innenminister Horst Seehofer Bayern gern als Vorbild. Im Gegensatz zu vielen anderen Bundesländern schiebt der Freistaat regelmäßig nicht nur Straftäter nach Afghanistan ab – ein zweifelhafter Erfolg.
Bundesinnenminister Horst Seehofer ist unzufrieden. Die meisten Bundesländer würden nicht strikt genug abschieben – insbesonders, was die Rückführung ausreisepflichtiger Afghanen angehe. Sie stellten die größte Gruppe Zuwanderer, die Deutschland verlassen müssten.
Bis Ende September seien 22.331 afghanische Staatsangehörige ausreisepflichtig gewesen, heißt es aus dem Bundesinnenministerium. Abgeschoben worden seien aber bis jetzt lediglich 361 Afghanen. Eine Diskrepanz, die Seehofer mit seinen Länderkollegen auf der gerade stattfindenden Herbsttagung thematisieren wird. Es wäre nicht das erste Mal, dass Seehofer Bayern als Abschiebe-Vorbild präsentiert.
Bayern schiebt auch Menschen in Ausbildung ab
Seit drei Jahren lässt das Bundesamt für Migration, kurz Bamf, mit eigens gecharterten Fliegern abschieben. Die Ausländerbehörden der meisten Bundesländer schicken hauptsächlich Straftäter mit – Bayern aber oft auch Menschen, die eine Ausbildung absolvieren oder einem geregelten Job nachgehen.
Die einstige Beschränkung auf Straftäter, Identitätstäuscher und Gefährder sei von Angela Merkel aufgehoben worden, sagt Stephan Dünnwald vom Bayerischen Flüchtlingsrat. "Seitdem können wieder alle Leute abgeschoben werden. Da sich die Sicherheitslage in Afghanistan aber kontinuierlich verschlechtert und die Situation der Abgeschobenen eine Katastrophe ist, halten sich die meisten Bundesländer zurück mit Abschiebungen."
Mitnichten ein Vorbild
Die von Horst Seehofer genannte Zahl von mehr als 20.000 ausreisepflichtigen Afghanen führe dabei in die Irre. Laut Stephan Dünnwald könnten viele dieser Personen gar nicht abgeschoben werde: "Da sind viele dabei, die eine Duldung haben – etwa weil sie eine Ausbildung machen, Kinder in Deutschland haben oder aus gesundheitlichen Gründen nicht ausreisen können", erklärt Dünnwald.
Bayern sei also mitnichten ein Vorbild in Sachen Abschiebung. Denn auch im Freistaat werde inkonsequent entschieden, eine klare Linie fehle. "Auf dem letzten Flug haben wir erlebt, wie ein junger Mann aus einer laufenden Pflegehelfer-Ausbildung heraus abgeschoben werden sollte. Wir haben am Nachmittag davon erfahren und über den Landtagsvizepräsidenten Alexander Hold und über Barbara Stamm, die Grand Dame der CSU, versucht, die Abschiebung zu stoppen."
Von Konsequenz kann keine Rede sein
Beide hätten sich beim Innenminister dafür eingesetzt, dass der junge Mann nicht fliegen solle – mit Erfolg. "Da disqualifizieren sich alle Vertreter, die schärfere Abschiebungen fordern, selber. Von Konsequenz kann hier keine Rede sein", sagt Dünnwlad.
Es sei vielmehr so, dass Bayern am wenigsten darauf achte, wer abgeschoben wird. "Jedes Mal finden wir auf dem Flug kranke Leute, Menschen mit einer Ausbildung oder einer Zusage eines Ausbildungsplatzes. Leute, die aus unserer Sicht nicht fliegen sollten, aber von den Ausländerbehörden gemeldet werden."
Haftstrafen statt Abschiebung
Auch Straftäter abzuschieben sei laut Dünnwald nicht in Ordnung. "Wir sind dafür, dass man dieses Instrument Abschiebung generell auf den Prüfstand stellt. Wenn mehrfache Straftäter so einfach wieder zurückkommen können, was bringt dann die Abschiebung? Wenn jemand ein Straftäter ist, dann soll er ins Gefängnis und seine Strafe absitzen."
Eine Abschiebung von Straftätern sei auch gegenüber Afghanistan nicht zu verantworten. Dort wisse man aus Gründen des Schutzes der Privatsphäre nicht, ob die zurückgeführte Person ein Straftäter sei. "Wir leben in einer globalisierten Welt, in der es uns nicht egal sein kann, wo die Leute dann sind und was sie möglicherweise dort tun", so Stephan Dünnwald.
(rod)