Unruhen in Baltimore

Schwere Versäumnisse der US-Kommunen

Jugendliche in Baltimore attackieren am 25. April 2015 einen Polizeiwagen.
Bürger in Aufruhr: Jugendliche in Baltimore attackieren einen Polizeiwagen. © imago stock&people
Boris Vormann im Gespräch mit Christopher Ricke und Anke Schäfer · 29.04.2015
Die US-Stadt Baltimore kommt nicht zur Ruhe, Krawalle und Polizeieinsätze bestimmen das Bild. Der Tod eines jungen Schwarzen versetzt die Bürger in Aufruhr. Für den Politologen Boris Vormann sind schwere Versäumnisse der Kommunen die Ursache: Diese hätten über Jahrzehnte nur äußerlich am Image ihrer Städte poliert.
Die US-Stadt Baltimore ist in Aufruhr. Es gibt weiterhin Krawalle und Polizeieinsätze nach dem Tod des jungen Schwarzen, der an einer Wirbelsäulenverletzung gestorben ist, nachdem Polizisten ihn verhaftet und in Gewahrsam genommen hatten. Die Trauer um diesen Mann ist in heftige gewaltsame Ausschreitungen umgeschlagen: Es gab Plünderungen, und trotz des nächtlichen Ausgehverbots haben sich die Unruhen auch in der zweiten Nacht fortgesetzt.
Baltimore habe eine lange Geschichte der Polizeigewalt und der Korruption, sagt dazu der Berliner Politikwissenschaftler Boris Vormann. Die auch in Deutschland sehr beliebte US-Fernsehserie "The Wire" gebe ein realistisches Bild der Ostküsten-Großstadt wieder.
Das post-rassistische Zeitalter ist eine Illusion
Nach der Wahl von Barack Obama zum US-Präsidenten hätten viele Amerikaner und auch Europäer sich der Illusion hingegeben, die Verhältnisse würden sich ändern: "Da hat man auch gemutmaßt, dass es nun vielleicht ein postrassistisches Zeitalter geben könnte, dass das nun anbrechen würde. Auch das ist nicht passiert. Das liegt natürlich genau an den strukturellen Gründen", sagte Vormann, der sich an der Freien Universität auf das Fachgebiet Urban Studies spezialisiert hat.
Viele US-Kommunen hätten schon vor Jahrzehnten versuchen können, die Probleme von Armut, Kriminalität, Korruption und Benachteiligung schwarzer Bürger in den Griff zu bekommen. Statt dessen hätten sie sich in den späten 60er-Jahren, als es zu Protesten, den sogenannten "Urban Riots", gekommen sei, auf ein neues schönes "Branding" für ihre Städte beschränkt. "Man hat versucht, dadurch die Innenstädte zu revitalisieren. Das Problem dabei war, dass man natürlich die ganzen grundlegenden Problem der Ungleichheit damit unbeachtet gelassen hat. Und das Image nach außen aufpoliert hat."
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