Neu im Kino: "Ballade von der weißen Kuh"

Bittere Etüde über einen Justizirrtum

09:54 Minuten
Schauspielerin Maryam Moghaddam in der Rolle der Mina in einer Szene aus "Ballade von der weißen Kuh".
Mina (Maryam Moghaddam) hat sich von ihrem Mann verabschiedet, der zu Unrecht zum Tode verurteilt wurde. © Weltkino / Amin Jafari
Von Jörg Taszman · 02.02.2022
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Das Ehepaar Maryam Moghaddam und Behtash Sanaeeha hat einen erschütternden Film über die Ausgrenzung von Frauen im Iran gedreht, einem Land, in dem die verwitwete Protagonistin sich wie in einem riesigen Gefängnis bewegt.

Worum geht es?

Eine Ehefrau darf ihren Mann im Iran vor seiner Hinrichtung noch einmal sehen. Er hat einen Totschlag gestanden. Ein Jahr später hat sie den Verlust immer noch nicht verkraftet, wird aber von der Familie ihres toten Mannes unter Druck gesetzt. Dann stellt sich heraus, dass ihr Ehemann zu Unrecht hingerichtet wurde. Der Witwe soll nach diesem Justizirrtum ein Blutgeld gezahlt werden. Kurz darauf taucht ein Freund ihres Mannes aus Jugendzeiten auf, der helfen will, aber ein Geheimnis mit sich herumträgt. 

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Was ist das Besondere?

Der von der herausragenden Hauptdarstellerin Maryam Moghaddam getragene Film, die gemeinsam mit ihrem Ehemann auch Regie führte, verdeutlicht vor allem wie rechtlos Frauen im Iran sind. So wird der Witwe die Wohnung gekündigt, weil sie einen "fremden" Mann empfing. Man verklagt sie, weil sie sich angeblich nicht um die Tochter kümmert.
Ihr Gegenüber steht ein Mann, der bisher systemtreu war und aussteigen will. Das ruft sofort die Geheimpolizei auf den Plan. Und so gelingt es den Filmemachern, durch viele genaue Alltagsbeobachtungen das ganze Ausmaß eines immer unfassbarer erscheinenden Dramas vor dem Hintergrund eines Justizirrtums zu hinterfragen.   

Bewertung

"Ballade von der weißen Kuh" ist eine bittere Etüde über ein Land, das wie ein riesiges Gefängnis wirkt und in dem Frauen, auch wenn sie Witwen sind, gnadenlos ausgegrenzt werden. Das Ganze ist intensiv, nimmt Anleihen bei Schuld und Sühne von Dostojewski, aber auch dramatischen Zuspitzungen wie bei Kieslowski.
Vor allem im letzten Drittel wirkt aber die Fülle an tragischen Wendungen überfrachtet. Dennoch ein sehenswerter, beklemmender und erschütternder Film, der ein Land zeigt, das seine Einwohner in hoffnungslose Lebenslagen treibt. Und es ist erstaunlich, dass dieser Film im Iran produziert und gedreht worden ist.

Ballade von der weißen Kuh
Frankreich, Iran 2020
Regie: Maryam Moghaddam und Behtash Sanaeeha
mit Maryam Moghadam, Alireza Sanifar u.a.
105 Minuten, ab 12 Jahren

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