Neu im Kino: "Doch das Böse gibt es nicht"

Moral in einem totalitären System

06:47 Minuten
Szene aus "Doch das Böse gibt es nicht": Ein Mann liegt auf dem Steppenboden, weiter hinten beobachtet ihn eine Frau mit Tschador.
Vier Episoden, vier Schauplätze: Der Film "Doch das Böse gibt es nicht" kreist um das Thema Todesstrafe. © picture alliance / Everett Collection | ©Kino International
Von Anke Leweke · 19.08.2021
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Kann ein Mensch in einem totalitären System integer bleiben? In vier Episoden zeigt der iranische Regisseur Mohammad Rasoulof am Beispiel der Todesstrafe ein Repressionssystem, das den Alltag bestimmt und die Menschen verrohen lässt.

Um was geht es?

Vier Episoden, vier Schauplätze, die um das Thema Todesstrafe kreisen: Man lernt Heshmat als liebevollen Ehemann und Vater kennen. Umso schockierter ist man über den Beruf, den er außerhalb von Teheran ausübt.
Pooya ist Soldat und kann sich nicht vorstellen, einen anderen Menschen umzubringen. Doch zwingt das Regime junge Männer im Wehrdienst, die Todesstrafe zu vollziehen. Deshalb gerät Javad, ebenfalls Wehrdienstleistender, in einen Gewissenskonflikt und muss sich vor der Frau rechtfertigen, die er heiraten möchte. Während der in die Jahre gekommene Baran ein Leben in der Einsamkeit führt und seit Jahren ein Geheimnis hütet.

Was ist das Besondere?

Kann man sich den Gesetzen und Vorschriften eines totalitären Regimes entziehen, wenn sie den eigenen moralischen und ethischen Überzeugungen zuwiderlaufen? Kann ein Mensch in einem totalitären System integer bleiben? Muss man Widerstand leisten, um eine Gesellschaft zu verändern? Das sind die Fragen, die Rasoulof in seinen vier Episoden aufwirft.
Präzise beobachtete Details aus dem iranischen Leben veranschaulichen ein Repressionssystem, das Alltag und das Privatleben bestimmt.

Fazit

"Doch das Böse gibt es nicht" zeigt, wie sich die Todesstrafe, die im Iran zur Tagesordnung gehört, auf den Einzelnen auswirkt, ihn deformiert, eine Gesellschaft moralisch verrohen lässt. Dennoch geht es in dem Film nicht um die Verurteilung des einzelnen, vielmehr skizziert Rasoulof eindrücklich die offenen und die verdrängten Gewissenskonflikte seiner Figuren und den Kampf um individuelle Freiheit.

"Doch das Böse gibt es nicht"
Deutschland, Tschechische Republik, Iran 2020
Regie: Mohammad Rasoulof
Mit: Ehsan Mirhosseini, Kaveh Ahangar, Mohammad Valizadegan, Mahtab Servati, Baran Rasoulof, Mohammad Seddighi
Länge: 150 Minuten

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