Bad Sex in Fiction Award

Die schlechtesten Sexszenen der Literatur

"Sex" als drei Tasten einer PC-Tastatur
Eine hohe Kunst: Schreiben über die beliebteste Nebensache der Welt © picture alliance / dpa
Von Knut Cordsen · 03.12.2014
Präpotente Kraftmeiereien, Gemüsevergleiche und extreme Unbeholfenheit - viele, auch bedeutende, Literaten können nicht über Sex schreiben. Deshalb wird in London jedes Jahr ein Preis für die schlechteste Sexszene verliehen.
"Sex is like money; only too much is enough." Sex ist wie Geld: Nur zu viel ist genug. Den Satz hat John Updike mal geschrieben, und die ungezügelte Gier oder Begierde, die darin zum Ausdruck kommt, hat irgendwann dazu geführt, dass dem Erotomanen Updike als bisher einzigem Autor der englischsprachigen Welt für sein nicht eben sexarmes, literarisches Gesamtwerk der "Lifetime Achievement Award"des "Bad Sex in Fiction Award" verliehen wurde.
Der "Bad Sex in Fiction Award" ist in etwa das, was in der Filmbranche die "Goldene Himbeere" ist. Auszeichnungen für eine herausragend schlechte Leistung nimmt niemand gern entgegen, aber John Updike ist nicht der einzige prominente Schriftsteller, der mit einer solchen bedacht wurde: Auch Norman Mailer, Jonathan Littell und Tom Wolfe haben den Bad Sex Award schon erhalten.
Vor allem Männer bekommen den Award
In der Mehrzahl sind es Männer, die diesen Preis für die schlechteste Sexszene in einem Roman bekommen. Was logisch ist, denn dieses Geschlecht neigt eher zu präpotenten Kraftmeiereien als das weibliche, das sich in der Regel wohltuend zurückhält, wohingegen einem John Updike beim Anblick des männlichen Genitals immer gleich eine "Yamswurzel" in den Sinn und aufs Papier kommt, so geschehen in seinem Roman "Brasilien". Was den wunderbaren Julian Barnes 2013 zu der Feststellung führte, dass dieses Bild der knorrig-harten Yamswurzel ihm seinerzeit den ganzen Updike verleidet habe – habe sich ihm doch bei jeder Sexszene in "Brasilien" die völlig unpassende Vorstellung eines Gemüsestands aufgedrängt.
Aber so ist das halt: Wer über Sex scheibt, wandelt auf gefährlichem Terrain. Und so meinte Martin Amis schon 2003: "Good sex is impossible to write about. Most of the sex in my novels is absolutely disastrous." Womit sich Amis, der schlaue Fuchs, den Bad Sex in Fiction Award quasi vorsorglich schon mal selbst verliehen hatte. Dass es ausgerechnet im angelsächsischen Raum einen Preis dieser Art gibt, ist natürlich ein Ausweis britischen Humors. Der dient ja auch immer wieder dazu, diejenigen, die allzu selbstherrlich auftreten, von ihrem Thron wieder herunterzuholen. Insofern ist es absolut konsequent, dass in diesem Jahr der aktuelle Booker-Prize-Träger Richard Flanagan einer der Nominierten für den Bad Sex Award 2014 ist. Undenkbar, dass Ähnliches hierzulande geschähe.
Schlechteste Sexszene der deutschen Literatur
Nehmen wir nur den Gewinner des Deutschen Buchpreises Lutz Seiler. Sein hochgelobter Roman "Kruso" enthält die wohl schlechtesten Sexszenen der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur 2014. Nicht allein, dass darin Sätze fallen, die lauten: "Die Begierde verdrehte ihm die Worte im Kopf, statt Zufall Zufick, es war schäbig." Nein, besonders fürchterlich wird es, wenn die Hauptfigur einen Blowjob und das damit einhergehende "sanfte", "leise Schmatzen" schildert.
Wir zitieren: "Seine Hand auf ihrem Kopf. Ihre Augen, ihre hohe, verschwitzte, irgendwie eiförmige Stirn und ihre Haare, mit denen sie nichts machte, nichts anderes, als seine Schenkel zu streicheln, nichts anderes als ihn anzuschließen an ihren Stromkreis. Ein paar Haarspitzen blieben haften an seinem Schwanz und übernahmen die Versorgung." Das Schönste an dieser missglückten Sex-Szene aber ist: Der derart beglückte Mann erzählt nicht irgendwem von dieser Fellatio, sondern: einem toten Fuchs am Strand.
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