Bacao Rhythm und Steel Band

Karibischer Sound an der Waterkant

Eine junge Frau spielt Steel Drums.
Eine junge Frau spielt Steel Drums. © Imago / Zuma Press
08.06.2016
Bei seinem Studium der Musik- und Sprachwissenschaften in Trinidad und Tobago kam dem Gitarristen Björn Wagner die Idee, die Band Mighty Mocambos zu gründen. Die karibischen Klänge hört man nicht etwa auf einer der sonnigen Inseln, sondern im regnerischen Hamburg.
"Ich war als Student auf einer Rucksackreise durch Südamerika, war auch interessiert an der aktuellen Socaszene und bin dann auf die Steelbands gekommen, die ich dort gesehen habe. Ich hab das immer als schönes Reiseerlebnis in Erinnerung behalten und hatte dann während des Studiums die Zeit, ein Auslandssemester zu machen. Eigentlich wollte ich nach New Orleans wegen der Musik, aber das lief sehr zäh mit der Kommunikation. Doch aus Trinidad und Tobago hatte ich einen Zettel für die Aufnahme als Gasthörer mitgenommen und den habe ich als Gag ausgefüllt und hatte dann sofort eine Zusage von der Universität of the West in Trinidad und Tobago bekommen."
Das war 2002 und so reiste Björn Wagner für ein halbes Jahr in die Karibik und setzte dort sein Studium der Musik- und Sprachwissenschaften fort. Zu seiner großen Überraschung war er dort der einzige Student, der nicht aus der Karibik stammte. Und während die meisten seiner Mitstudenten jedes Wochenende auf den Socapartys verbrachten, wollte er mehr über die für die Musik von Trinidad so typischen aus alten Ölfässern gehämmerten Steeldrums oder, wie man sie dort nennt: Steelpan, erfahren und auch möglichst selbst darauf spielen.
"Dann bin ich relativ schnell auf den Bigbandleiter der Uni gestoßen. Jeden Freitag um 18 Uhr gab es eine Probe und Workshop. Wir haben Latinklassiker gespielt, Jazz in Calypsoform und ich hatte zum Glück meine Gitarre dabei. Ich konnte also erst einmal mitspielen. Ich wurde auch mit offenen Armen aufgenommen, weil ich nicht diesen Jazz- oder Calypsobackground hatte und etwas anders gespielt habe. Das fanden die anderen sehr interessant und das war dann immer mein wöchentliches Highlight".
Und gerade in diesen wöchentlichen Proben entstand dann auch die musikalische Grundidee für die heutige Bacao Rhythm and Steel Band. Obwohl es diesen funky Sound aus Bläsern und Steelband dort eigentlich gar nicht gibt.
"Es gibt immer dieses Schema: Leadinstrument Steelpan anstatt eines Vibraphonisten in der Jazzband oder es gibt die großen Orchester, in denen nur auf Ölfässern gespielt wird. Da gibt es außer Percussion und Drums keine anderen Melodieinstrumente! Aber in dieser Bigband habe ich gelernt wie toll es sein kann, wenn Bläser und Steelpans miteinander sprechen".

Erste eigene Karibiktour steht noch aus

Das ist vielen der Musikstudenten damals gar nicht so bewusst geworden, wie einzigartig diese Bigband war. Und wäre Björn Wagner selbst damals nicht auch schon mit dem Funkbazillus infiziert gewesen, dann hätte auch er sicher nicht nach diesem anderen Sound gesucht, den es ja auch mal gegeben haben musste. Nur finden konnte man den am Anfang des Jahrtausends auch vor Ort auf Trinidad und Tobago kaum noch.
"Da gibt es entweder Soca oder Steelband. Und das es da mal funky, Disco oder Rare Groove-Sachen gab, das ist denen gar nicht so bewusst. Ich bin dann in die Bibliothek gegangen und zu zwei Radiosendern und habe gefragt, darf ich mal in euer Schallarchiv gucken? Man findet da erst einmal wenig. Schließlich bin ich dann in einen Plattenladen gegangen und habe gefragt, ob die noch ein altes Lager oder so hätten. Ja, aber da möchtest du gar nicht rein, das ist völlig dreckig. Am nächsten Tag bin ich wieder gekommen und hab dann auf dem Dachboden gekramt und hab dann ein paar Platten gefunden. Aber das war relativ mühsam".
Diese alten Platten und die Erfahrungen in der Bigband der Universität brachten Björn Wagner Jahre später dazu, diese Kombination aus funky Bläsern und einer Steelpan selbst auch mal auszuprobieren. Immerhin hatten die DJs in den Jahren dazwischen unzählige alte Soul- und Funkplatten durch ihre Samples wieder neu bekannt gemacht, auch wurde der alte Sound der 60er und 70er Jahre aufwendig in neu aufgebauten analogen Studios wieder gepflegt. Und schon 2008 hatte die Bacao Rhythm und Steel Band mit ihrer zweiten Single den ersten kleinen Achtungserfolg.
Nun also ist auch endlich das erste Album der Band erschienen und bekommt bei einschlägigen DJs und Plattensammlern höchstes Lob. Giles Peterson kündigte die Platte als forthcoming brilliance – also ein zu erwartendes brillantes Album an. Wohl in erster Linie deshalb, weil niemand einfach nur vom hören sagen könnte, woher die Musiker wirklich kommen und wann sie diese Songs aufgenommen haben. Das ist wirklich ein brillantes, musikalisches Versteckspiel! Fehlt also nur noch die erste eigene Karibiktour.
"Ich kann es mir schwer vorstellen wie das wäre, wenn wir jetzt mit der Bacao Rhythm and Steel Band dort auftreten würden. Ich hab so die Vermutung, die würden sagen: Eure Rhythmusgruppe ist richtig gut, ein guter Groove! Aber ich glaube, wenn ich dann auf den Steelpans spiele, da würden sie sofort kommen und sagen, lass mich mal da ran!"
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