Autor Sam Byers über "Schönes Neues England"

"Die Kleingeistigkeit wird den Brexit überleben"

10:12 Minuten
Die Downing Street ist Schauplatz für die Auseinandersetzung von Demonstranten auf der linken Seite und einer Reihe aus Polizisten auf der rechten Seite.
Demonstranten gegen Polizisten - die Brexit-Debatten werden aggresiver. © AFP/ Daniel Leal-Olivas
Moderation: Andrea Gerk · 11.09.2019
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Der Schriftsteller Sam Byers hat sich in "Schönes Neues England" mit dem kulturellen Wandel auseinandergesetzt, den die Brexit-Debatte in Gang gebracht hat. Die Kleingeistigkeit werde bleiben, auch wenn der Brexit Geschichte sei, fürchtet er.
Der Brexit-Showdown im britischen Unterhaus hat zuletzt stündlich Schlagzeilen provoziert. Am frühen Mittwochmorgen ist das Parlament unter Protest in eine Zwangspause gegangen. Die gesamte Situation wirkt festgefahren und unübersichtlich. Ein ungeregelter EU-Austritt droht noch immer.
Eine Gesellschaft nach dem Brexit hat sich der britische Schriftsteller Sam Byers schon ausgemalt, als es noch nicht einmal einen Termin für das Referendum gab. Seinen Roman beendete er vor der Abstimmung. Deswegen taucht der Brexit als Begriff auch nur ein einziges Mal auf. Jetzt ist der Roman auf Deutsch erschienen - unter dem Titel "Schönes Neues England".

Kultureller Wandel und rechte Rhetorik

"Was mich beschäftigt hat, war eine gewisse vergiftete soziale und politische Atmosphäre, die es schon damals in Großbritannien gab", sagt der Autor. Die Debatte um den Brexit habe das in gewisser Weise losgetreten. Dieser kulturelle Wandel, der einhergehe mit einem nationalrechten Mainstream, habe eine neue Rhetorik hervorgebracht. Byers fragte sich: "Was bedeutet es, heute in England zu leben? In welcher Atmosphäre leben wir?" Der Brexit selbst sei Teil dieser hasserfüllten Atmosphäre.
Ihm sei es beim Schreiben darum gegangen, was von dieser Stimmung dauerhaft bleiben werde. "Irgendwann wird der Brexit vorbei sein." Dann würden Politiker wie Boris Johnson oder Nigel Farage, die mit dem Thema Bedeutung bekamen, nicht mehr so wie heute agieren. Aber es werde dann andere Debatten geben, die auf der Rhetorik des Brexit aufbauen: etwa Diskussionen über Migranten oder darüber, dass Großbritannien wieder einen Platz in der Welt einnehmen müsse.
"Und diese Kleingeistigkeit, die durch den Brexit hochgespült wurde, das ist etwas, das mittlerweile zum Mainstream gehört", so Byers. "Meine Befürchtung besteht darin, dass die Ideen überleben werden, wenn diese Politiker in Kürze keine Rolle mehr spielen - und das macht mir Sorgen."
(abr)
Das Gespräch mit Sam Byers auf Englisch

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