Autor Andreas Speit über die "Völkische Landnahme"

"Aber die sehen doch aus wie Ökos!"

07:36 Minuten
Ein Landwirt formiert Strohbahnen auf einem abgeernteten Getreidefeld, damit Strohballen geerntet werden können. Die langandauernde Trockenheit liess die Koerner früher reifen, von vielen Aeckerist das Getreide bereits eingebracht .Je nach Region rechnen die Landwirte mit Ernteeinbussen.
Der nette neue Bauer von nebenan ... könnte in bestimmten Regionen auch ein Anhänger der "Völkischen Landnahme" sein. © picture alliance / dpa / Winfried Rothermel
Moderation: Nicole Dittmer · 26.06.2019
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Speziell in Mecklenburg-Vorpommern verwaisen ganze Landstriche. Dort lassen sich Anhänger der rechten "Völkischen Landnahme" nieder - um die Dörfer zu infiltrieren. Andreas Speit hat ein Buch darüber geschrieben und warnt vor Verharmlosung.
Sie bewirtschaften Bauernhöfe, kümmern sich um Land und Vieh und pflegen den Gemeinsinn im Ortsverein, sind naturverbunden und sympathisch. Und sie tun alles, um in den ländlichen Regionen ihre rechte Weltanschauung zu verbreiten. Es sind oft junge Familien – die Anhänger einer "Völkischen Landnahme" - die versuchen, Dörfer und Gemeinden mit rechtsextremem Gedankengut zu infiltrieren oder gleich neue Ansiedlungen mit eigenen Leuten zu gründen.
Eine unterschätzte Gefahr, meinen die Autoren Andrea Röpke und Andreas Speit. Ihr Buch "Völkische Landnahme. Alte Sippen, junge Siedler, rechte Ökos" ist gerade erschienen.
Es sei ein Irrglaube, dass "Ökos automatisch immer links sein müssen", betont Andreas Speit. Tatsächlich sei das Thema Umweltschutz "von Anbeginn an eines der zentralen Themen der völkischen Bewegung (gewesen). Schon seit 1871 gibt es eine massive Kritik von Rechts an Umweltverschmutzung."
Allerdings immer stark ideologisiert, verbunden mit dem Bestreben, "Heimat und Volksseele" zu schützen.

Rechte im Widerspruch zur ihren Vordenkern*

Dass sich die Anhänger der "Völkischen Landnahme" damit im Widerspruch etwa mit vielen rechtspopulistischen Politikern befinden, die den Klimawandel leugnen und die Fridays for Future-Bewegung angreifen, sei ein gutes Beispiel dafür, wie heterogen der Rechtsextremismus sei, sagte Speit. Oft hätten er und seine Mitautorin bei den Recherchen von anderen Dorfbewohnern den ungläubigen Ausspruch gehört: "Aber die sehen doch aus wie Ökos!"
Speit: "Wir müssen uns dringend davon verabschieden, dass die radikal rechte Szene so oder so aussieht. Sie ist so unglaublich heterogen – es ist wirklich geboten, ganz genau hinzuschauen, um dann zu erkennen, mit welchen Personen man es zu tun hat."

Die Infiltration geht weit

Besonders häufig trafen Speit und Röpke in Mecklenburg-Vorpommern auf die Anhänger der "Völkischen Landnahme". Mitunter gelinge es ihnen, andere Dorfbewohner mit ihrem Weltbild zu beeinflussen.
"Da merkt man eben, dass solchen Positionen jetzt offener formuliert werden." Die alten Abgrenzungsmechanismen zur Szene gebe es so nicht mehr. Diese sei davon überzeugt, dass ihre Zeit jetzt gekommen sei und und versuche, nach und nach alle wichtigen Institutionen auf dem Land zu übernehmen und ideologisch zu formen. Dagegen hälfen nur Aufmerksamkeit und Gegeninitiativen.
*Wir haben eine inhaltliche Korrektur vorgenommen.
(mkn)

Andrea Röpke und Andreas Speit: " Völkische Landnahme. Alte Sippen, junge Siedler, rechte Ökos"
Ch. Links Verlag, 2019, 208 Seiten, 18 Euro

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