Ausstellung in London

Malen in der Sprache von Delacroix

Eine Besucherin fotografiert das Gemälde "Les Trellis" von Gustave Courbet, das nach dem Vorbild des Malers Delacroix entstand. Es hängt in der Ausstellung "Delacroix and the rise of Modern art" in der National gallery in London.
Eine Besucherin fotografiert das Gemälde "Les Trellis" von Gustave Courbet, das nach dem Vorbild des Malers Delacroix entstand. Es hängt in der Ausstellung "Delacroix and the rise of Modern art" in der National gallery in London. © picture alliance / dpa / Facundo Arrizabalaga
Von Gabi Biesinger, ARD-Studio London · 17.02.2016
Was David Bowie für die Popkultur war, war Delacroix für die Moderne Kunst und den Impressionismus. Die Londoner National Gallery präsentiert den französischen Maler im Spiegel seiner Zeitgenossen, Nachfolger, Bewunderer und Nachahmer.
"Wir alle malen in der Sprache von Delacroix" lobte der führende Impressionist Paul Cézanne sein Vorbild und sogar Pablo Picasso gab missmutig zu: "Dieser Mistkerl – er ist wirklich gut." Henri Fantin-Latour betrauerte Delacroix noch 25 Jahre nach dessen Tod mit einem Gemälde, auf dem ein Engel Rosenblüten auf dessen Denkmal streut. Titel des Bildes: Unsterblichkeit. Auch für Van Gogh, Matisse, Manet, Renoir und viele andere war Delacroix ein künstlerisches Idol – obwohl er zu Lebzeiten viel Kritik einstecken musste, schildert Ausstellungskurator Christopher Riopelle:
"Der traditionelle Apparat der Kunstwelt lehnte Delacroixs Arbeit sehr rüde ab. Aber junge Künstler blickten zu ihm auf und versuchten, ihn nachzuahmen. Nicht nur seine Kunst, sondern seinen Lebensstil. Er war eine überlebensgroße Persönlichkeit, der Archetyp des unkonventionellen Künstlers."

Blumen und Früchte, die man riechen kann

Delacroix wagte als romantischer Maler unerhörte Dinge und brach die Regeln der Kunst: Energie und Ausstrahlungskraft in seinen Bildern, die Breite seiner Motivwahl, aber auch mit seinen kräftigen Farben eroberte er neues Terrain. Er konnte der Kunst eine neue Richtung geben – mit einem simplen Stillleben, erklärt Kurator Riopelle. Blühende Blumen und überreife Früchte lassen den Besucher förmlich die schwere Süße riechen, die das üppige Bild ausstrahlt. Delacroix bewies: Auch mit einem Stillleben kann ein Maler sein ganzes Können zeigen.
"Künstler wie Renoir interessierte nicht so sehr, was Delacroix malte, sondern vor allem wie. Wie er hinter die Oberfläche eines Motivs gehen konnte – und das mit einer Emotionalität und Intensität, die sie auch nachempfinden wollten."

Renoir und Cézanne ließen sich inspirieren

Mit ihren Nachahmungsbemühungen und der Weiterentwicklung von Delacroixs Techniken bis hin zum Pointillismus hatten die nachfolgenden Künstlergenerationen großen Erfolg, sodass ihre Namen heute vielen Leuten sehr viel geläufiger sind als der von Delacroix selbst. Obwohl die Kuratoren sehr emsig interessante Gemälde und Gemäldepaarungen aus aller Welt zusammengeliehen haben, fehlt doch mindestens eins der ganz großformatigen romantischen Meisterwerke aus dem Pariser Louvre, um das Bild von Delacroix abzurunden. Die witzigste Hommage an Delacroix entdeckt man dann aber freilich in einem kleinformatigen augenzwinkernden Gemälde von Cézanne:
"Das ist die Apotheose von Delacroix. Er steigt wie ein Heiliger in den Himmel auf, splitternackt auf einer Wolke sitzend. Unten auf dem Boden hocken gleichsam seine Jünger, die Impressionisten: Renoir, Cézanne selbst, Pissarro – so als wäre das ein barockes Altargemälde, mit dem Delacroix in den Wolken geehrt wird."
Mehr zum Thema