Ausstellung in Frankfurt

Mode fürs Museum

Der Designer Kostas Murkudis zwischen Stücken einer Kollektion im Museum für Moderne Kunst in Frankfurt.
Der Designer Kostas Murkudis zwischen Stücken einer Kollektion im Museum für Moderne Kunst in Frankfurt. © dpa / picture alliance / Arne Dedert
Von Rudolf Schmitz · 16.07.2015
Der in Dresden geborene Kostas Murkudis entwirft Mode nicht für den Laufsteg, sondern für Galerien. Er ist ein Grenzgänger zwischen Kunst und Design. Das Frankfurter Museum für Moderne Kunst zeigt nun eine Auswahl seiner Werke.
Die "Panel-Dresses" hat Kostas Murkudis für den Herbst 2014 entworfen. Sie heißen so, weil da verschiedene Segmente zusammengesetzt sind, übereinander geschichtet werden. Kurator Peter Gorschlüter:
"Da gibt es feine Seidensatins und -chiffons, die aber dann wiederum gelasert sind oder zum Teil mit Latex bestrichen sind, mit Fransenborten versehen sind. Da sieht man dieses ganze Spiel mit Materialität, die bei Kostas Murkudis eine so wichtige Rolle spielt."
Posen, die an Renaissancemalerei erinnern
Eine LED-Wand im Eingang der Ausstellung zeigt, wie diese Panel-Dresses am Körper aussehen. Die Models im Video bewegen sich wie in Zeitlupe, in Posen, die an Renaissancemalerei erinnern. Ein Werk des Amerikaners Steven Parrino kommentiert diese Kollektion: Die in silberner Lackfarbe bemalte Leinwand ist zerknittert und wölbt sich in komplexem Faltenwurf. Der überzeugende Auftakt einer ungewöhnlichen Ausstellung: avantgardistische Mode im Dialog mit zeitgenössischer Kunst. Kostas Murkudis hat dem Frankfurter Museum für Moderne Kunst drei seiner Kollektionen geschenkt. Dann ist er zusammen mit dem Kurator durch das Sammlungsdepot gegangen. Und hat Seelenverwandtschaft gefunden.
"Das war die Idee, zu zeigen, wie ich arbeite, wie ich denke, wie ich zu den Ideen komme. Es ging mehr darum, Einblicke zu geben und sehr, sehr nah ranzukommen an die Kleidung und damit auch an die Arbeit."
Die Ausstellung ist eine Ideenwerkstatt, sie zeigt sogenannte Moodboards: Notizen, Zeichnungen, Materialproben, Fotografien – alles, was den Modemacher auf dem Weg zum Entwurf inspiriert. Dann natürlich Videos von den Präsentationen. Schließlich die Kollektionen selbst, fantasievoll präsentiert. Dazu kooperiert Kostas Murkudis seit langem mit dem Künstler Carsten Nicolai. Die Sommer-Kollektion 2009, aus transparenten und hautfarbenen Stoffen, schwebt frei vor einer hell erleuchteten Milchglaswand. Ein Seidenkleid mit Unterteil, das Kostas Murkudis in 142-facher Ausführung und ebenso vielen Farben produzieren ließ, ist in einem Raumflur hintereinander gestaffelt gehängt, wie eine Meditation zur Farbskala. Der amerikanische Maler Morris Louis gibt mit seinem Farbstreifenbild den passenden Kommentar. Eine geschnürte Schaumstoffskulptur von John Chamberlain und ein Stoffbild von Blinky Palermo schließlich rahmen die experimentelle Herbst-Winter-Kollektion von 2012.
"Ja, wir haben Schaumstoff auch eingesetzt, um sehr, sehr feinen, sehr, sehr leichten Materialien, die man normalerweise in anderem Kontext und anders verwendet, ein anderes Bild zu geben, eine andere Textur, eine andere Spannkraft. Und der Schaumstoff erschien mir das richtige Material: das Volumen und leicht und irgendwie auch sexy. Und die Art und Weise, wie dieses Material auch altert, fand ich sehr, sehr spannend."
Kleidungsstücke in geometrischen Formen
Eine der Kollektionen ist auf dem Boden ausgebreitet. Kleidungsstücke in geometrischen Formen: Kreise, Quadrate, Trapeze. Im Video kommen die Models in den Raum, nehmen die Kleidungsstücke auf, streifen sie über, verwandeln sie in Dreidimensionalität und Bewegung. Sehr minimalistisch, wie ein japanisches Ritual. Es ist allerdings eine direkte Hommage an den deutschen Künstler Franz Erhard Walter, der mit Textilarbeiten, die vom Betrachter angefasst, benutzt, neu kombiniert werden sollten, "interaktive Skulpturen" schuf. Das Frankfurter Museum besitzt einen sogenannten Werksatz aus 58 Teilen.
"Da ist es sozusagen augenscheinlich, der Bezug. Viele andere Bezüge sind aber assoziativerer Natur, intuitiverer Natur. Da geht es um Sensibilitäten, um Farbspiele, um das Arbeiten mit Material, auch um das Überwinden von Materialgrenzen, zum Beispiel in den Werken von Steven Parrino oder John Chamberlain."
Der Dialog von Mode und zeitgenössischer Kunst, wie ihn Frankfurt inszeniert, ist leicht und beschwingt. Das hat nichts von krampfhafter Nobilitierung des Modedesigns, sondern kommt souverän und selbstverständlich daher. Kostas Murkudis findet solche Spartentrennungen ohnehin spießig und von vorgestern.
"Ich glaube der französische Präsident hat in den 80ern vor versammeltem Parlament gesagt: Die Mode ist hohe Kunst und keine angewandte Kunst, also keine Kunst, die einfach nur dem Kunstgewerbe zugehört, sondern sie ist ein Teil des kreativen kulturellen Spektrums."
"Tuchfühlung" heißt diese Ausstellung in der Dependance des Frankfurter Museums für Moderne Kunst im Bankenviertel. Und tatsächlich: Hier kommt man hier der Arbeitsweise eines kunstverliebten Modedesigners erstaunlich nah.
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