Ausstellung "Fiktion Kongo" in Zürich

Kunst aus dem Herzen Afrikas

12:47 Minuten
Kunstwerk: Ata Ndele Mokili (Tôt ou tard le monde changera). Monsengo Shula. Sammlung Henri und Farida Seydoux
Erobert die kongolesische Kunst bald auch den Weltraum? Monsengo Shula hat sich schon mal ausgemalt, wie das aussehen könnte. © Museum Rietberg/Monsengo Shula
Michaela Oberhofer im Gespräch mit Andrea Gerk · 07.01.2020
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Die Demokratische Republik Kongo hat eine lebendige Kunstszene: Das Rietberg Museum in Zürich zeigt in der Ausstellung "Fiktion Kongo" zeitgenössische Werke – und stellt ihnen Exponate aus der Sammlung des Kunstethnologen Hans Himmelheber gegenüber.
Die Demokratische Republik Kongo, einstmals Zaire, vorher ausgebeutet und grausam unterdrückt als Belgisch-Kongo, ist das zweitgrößte Land Afrikas, politisch instabil, reich an Bodenschätzen, aber trotzdem eines der ärmsten – jedenfalls was die Wirtschaft angeht.
An Kunst ist der Kongo überaus reich. Diesen Reichtum zeigt das Rietberg Museum Zürich in seiner Ausstellung "Fiktion Kongo". "Nirgendwo sonst in Afrika ist das künstlerische Schaffen so vielfältig, kreativ und am Puls der Zeit", heißt es in der Ankündigung.
Die Schau zeigt zum einen Masken, Figuren, Alltagsgegenstände, die der Kunstethnologe Hans Himmelheber (1908–2003) von seiner Reise 1938/39 im Kongo gekauft und nach Deutschland mitgebracht hat. Daneben sind auch viele Fotografien zu sehen, die Himmelheber anfertigte.

Authentisches Afrika gesucht und gefunden

"Der Ausgangspunkt war, dass wir ein sehr großes Archiv von ihm von seiner Familie erhalten haben", sagt die Ethnologin und Kuratorin Michaela Oberhofer. "Dazu gehören Teile seiner Privatsammlung, aber auch ein Fotoarchiv mit 15.000 Bildern, die er auf seinen Reisen gemacht hat."
Drei Kongolesen mit Maske. 
Auf der Suche nach dem authentischen Afrika im Kongo: Ein Foto von Hans Himmelheber aus dem Jahr 1938.© Museum Rietberg/Geschenk Erbengemeinschaft Hans Himmelheber
"Hans Himmelheber hat eine große Gabe gehabt zu fotografieren", sagt die Kuratorin. "Es sind sehr eindrückliche Fotos, die da entstanden sind, die uns wieder zurück in diese Zeit reinziehen. Er hat aber auch einen typischen Blick für die damalige Zeit gehabt. Er hat das vermeintlich authentische Afrika gesucht und auch gefunden."
Himmelheber habe nicht nur im kolonialen Kontext Kunst gesammelt, sondern auch wichtige Forschungen über Kunst und Künstler vorangetrieben, sagt Oberhofer: "Das war sehr innovativ für die damalige Zeit."

Kongolesische Künstler entdecken eigene Geschichte

Die Ausstellung stellt den historischen Kunstwerken und Fotografien zeitgenössische Werke gegenüber. Renommierte kongolesische Künstlerinnen und Künstler wie Sammy Baloji, Michèle Magema, Monsengo Shula oder Sinzo Aanza setzen sich kritisch mit der politischen und sozialen Situation im Land auseinander, mit den Auswirkungen von Kolonialzeit, Missionierung und Welthandel. Die Bedeutung des Themas Kolonialismus habe in den vergangenen zehn bis 20 Jahren im Kongo zugenommen, sagt Oberhofer.
Künstler genießen in der Demokratischen Republik Kongo nicht viel staatliche Förderung. Trotzdem habe der Kongo heute eine sehr lebendige und dynamische Kunstszene, mit teils sehr arrivierten Protagonisten, in der aber auch sehr viele junge Künstler aktiv und gut miteinander vernetzt sind.
Im Land gebe es Galerien, Biennalen und Künstlerkollektive. "International ist in den letzten Jahren ein richtiger Boom der zeitgenössischen Kunst aus dem Kongo entstanden", so Oberhofer. "Die westlichen Kunstmuseen und der westliche Kunstmarkt haben auch die kongolesische Kunst entdeckt."
Der Titel der Ausstellung, "Fiktion Kongo", geht zurück auf eine Bezeichnung der kongolesischen Künstler selbst. Damit spielen sie auf die Entstehung des Landes an, das 1884 bei der Kongo-Konferenz in Berlin entstanden ist, als die europäischen Großmächte willkürliche Grenzen zogen. 'Den' Kongo gibt es also eigentlich nicht. Aber da er schon mal irgendwie da ist, lohnt es, sich mit ihm zu beschäftigen.
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