Aus den Feuilletons

Zurück zu altem Gehorsam

Der chinesische Staats- und Parteichef Xi Jinping, aufgenommen am 28.03.2014 während einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Bundeskanzlerin Merkel.
Staats- und Parteichef Xi Jinping sieht eine Bedrohung im "Streben nach westlicher Demokratie" einiger seiner Landesgenossen. © dpa / picture-alliance / Soeren Stache
Von Tobias Wenzel · 08.02.2015
Der Chef der Kommunistischen Partei Chinas, Xi Jinping, erklärt westliche Werte und Lehrbücher zum Feind, berichtet die "SZ". Ansonsten beschäftigen sich die Feuilletons weiter mit dem Tod der algerischen Autorin Assia Djebar und dem Streit um den Konzertsaal in München.
Das Wort des Jahres 2014 ist, laut einem australischen Wörterbuch, "Mansplaining". Was bitte?, fragen Sie jetzt sicher. Kein Problem. Denn die TAZ erklärt, was dieses "mansplaining", eine Kombination aus den Wörtern "man" und "explaining", bedeutet: "ungebetener Wortschwall, mit dem ein meist älterer Mann einer Frau länglich erklärt, was er vermeintlich besser weiß ‒ mal väterlich-wohlwollend und gönnerhaft, mal nur so richtig dummdreist."
Ob Assia Djebar, die algerische Schriftstellerin, die französische Literatur in New York lehrte, wohl das Wort "mansplaning" kannte? Sie, die sich unter anderem unermüdlich für die Frauen ihres Geburtslandes stark machte.
"Blut. Zerstörung. Schreie. Finsternis. Verlust. Flammen. Tod. Und immer wieder: Schweigen. Das sind die Wörter, die einem aus ihren Büchern sofort entgegenschauen", schreibt Gregor Dozauer im TAGESSPIEGEL über die am Freitag im Alter von 78 Jahren in Paris gestorbene Autorin.
erzählte von einer Gewalt, die nicht nur ein Echo des Terrors war, mit dem in den 90er-Jahren die islamische Heilsfront FIS in Algerien wütete."
Die an den Rand Gedrängten im Blick
Marko Martin erinnert in der WELT in seinem Nachruf daran, dass die auf Französisch schreibende Djebar immer alle Menschen, auch die an den Rand gedrängten, im Blick hatte:
"Zwischen dem islamistischen Hassgebrüll, das aus französischen Banlieues in die Stadtzentren der nach wie vor semi-feudalistisch verfassten Republik dringt, und den Hetzparolen des Front National – wie fehlt da ab jetzt ihre arabisch-französische Stimme, die sich zeitlebens so tapfer der Rabulistik des Homogenen verweigert hat."
Der Feind sind "westliche Werte und westliche Lehrbücher". Das hat natürlich nicht Assia Djebar gesagt, sondern Xi Jinping, der Chef der Kommunistischen Partei Chinas. Der will nun, wie Kai Strittmatter in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG berichtet, zurück zu altem Gehorsam. Der Partei soll natürlich jeder gehorchen, Parteifunktionäre ebenso wie Studenten, Journalisten und Künstler. Die Bedrohung bestehe im "Streben nach westlicher Demokratie, universellen Werten und Zivilgesellschaft". Eine Stütze sollten die Ideen des Marxismus sein. Mutige Chinesen haben laut Strittmatter daraufhin gefragt:
"Ach ja? Und aus welcher Himmelsrichtung bitteschön kamen Marx und der Sozialismus in unser Land?"
Schockierendes Machtwort Seehofers wirkt nach
München solle ruhig mal nach Asien blicken und sich die Tokyo City Opera Concert Hall ansehen, schreibt sinngemäß Eleonore Büning in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG. Oder wie wäre es mit einem Blick zum Konzertsaal von São Paulo?
"Der Saal ist in eine Bahnhofshalle der Gründerzeit hineingebaut. Nach wie vor fahren von hier Züge ab. Drinnen im Saal aber sieht man auf brasilianisches Walnussholz, wie aus Bananenblättern geflochtene Balkone, bewegliche Deckenpaneele, die für eine traumhafte Akustik sorgen. Wenn eine Problemstadt mit einer der höchsten Armutsraten der Welt so einen Traum zustande bringen kann, wieso nicht Boomtown München?"
Eleonore Büning spielt natürlich auf das sie und viele andere schockierende Machtwort von Ministerpräsident Horst Seehofer an, es werde keinen Neubau eines Konzertsaals in München geben, sondern nur einen Umbau der Philharmonie im Gasteig. Wie klingt denn der dortige Konzertsaal eigentlich?, fragt Alex Rühle in der SZ den Tonmeister Andreas Neubronner. Dessen Antwort:
"Ein grauenhafter Saal. Da kommt ja nichts rüber. Nichts. Sie haben furchtbare Reflexionen von der Gegenwand, hart, trocken, scheußlich."
Die Münchner sollten am besten den grandiosen Wiener Musikvereinssaal nachbauen, empfiehlt Neubronner. Der habe unter anderem wegen des Stucks und der Schnitzereien hervorragende akustische Eigenschaften. In den Worten des Ton-Experten:
"All das erzeugt diesen einmalig dichten Nachhall aus Millionen Einzelreflexionen, das ist ein so lichter, dichter Klang – gottvoll."
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