Aus den Feuilletons

Wie Google zur Wahrheitsfindung beitragen will

Google bekommt eine neue Konzernstruktur.
Google hat ambitionierte Pläne. © dpa / picture-alliance / Boris Roessler
Von Klaus Pokatzky · 10.04.2017
"Wer bei Google nach Behauptungen sucht, bekommt künftig den Wahrheitsgehalt angezeigt", schreibt die "Welt". Die Suchmaschine will anzeigen, ob Inhalte von einer seriösen Quelle verifiziert wurden. Doch das könnte sich als Problem erweisen.
"Wenn ich das gewusst hätte." Die Tageszeitung DIE WELT bringt eine tragische Überschrift. "Ich mag meine eigenen Romanfiguren nicht sonderlich", bekennt Ronja von Rönne. "Mit solchen Menschen will man schon nicht Weihnachten feiern, ganz sicher will man sie nicht auf einer Bühne sehen, aber genau das passiert gleich." Im Staatstheater Dresden, wo Ronja von Rönne sitzt, und gleich ihr Roman "Wir kommen" auf die Bretter gebracht wird, die die Welt bedeuten. "Eine grauenhafte Erfahrung, mir tut das total leid", klagt Ronja von Rönne angesichts ihrer Romanfiguren auf der Theaterbühne. "Entschuldigung, möchte ich rufen, wenn ich das gewusst hätte, hätte ich ein noch dünneres Buch geschrieben, oder halt gar keins." Ja, bitte. Vorsatz ist der erste Weg zur Besserung. Ich mag meine Kulturpresseschauen sehr, ich stehe zu ihnen. Kann sie nicht endlich mal jemand ins Theater bringen?
"Was ich von einem Abend erwarte, ist relativ simpel", sagt in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG ein Theatergänger. "Ich möchte gut unterhalten und gepackt werden, so dass ich mich noch lange über das Stück unterhalten und streiten kann", erklärt im Interview Klaus Wowereit, einst Berlins Regierender Bürgermeister. "Außerdem erwarte ich gutes Handwerk." Und das ist auch gut so.
"Wie bringt man die Wahrheit unters Volk?", fragt die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG – in Zeiten von Fake News, mit denen verglichen jede Theaterinszenierung ein Dokumentarstück ist. "Faktenchecks erreichen nur einen kleinen Teil der Gesellschaft", schreibt Karoline Meta Beisel: "Untersuchungen in den USA deuteten darauf hin, dass solche Angebote vor allem von demokratischen Wählern angenommen würden, die sich sowieso schon überdurchschnittlich gut mit Politik auskennen würden."

Was und wer ist seriös?

Da wird endlich unser aller Suchmaschine aktiv. "Google will jetzt Fakten checken", heißt es in der WELT. "Wer nach Behauptungen sucht, bekommt künftig den Wahrheitsgehalt angezeigt." Bei strittigen Themen und dem allergrößten Blödsinn, der im Internet verbreitet wird, kann jetzt ein "Faktencheck" helfen, den Google flächendeckend einsetzen will. "Medienunternehmen und Verlage sollen ihre entsprechenden Artikel dabei selbst kennzeichnen", klärt uns Marcel Reich auf: "Anschließend werden die Faktencheckartikel von Google verifiziert. Fortan sehen die Nutzer ihre gesuchten Inhalte in einem Fenster: Dabei wird stichpunktartig aufgeführt, um welche Behauptung es geht, von wem sie stammt und ob eine seriöse Quelle sie bestätigt oder widerlegt hat."
Doch was und wer ist seriös? Karoline Meta Beisel in der SÜDDEUTSCHEN: "Ein größeres Problem als die Voreingenommenheit der Leser und Zuschauer dürfte allerdings das weit verbreitete Misstrauen gegen viele US-amerikanische Medienhäuser sein, das sich auch auf deren Quellen erstreckt; nach dem Motto: Die stecken doch alle unter einer Decke."
Unter der Decke der New York Times oder der Washington Post würde ich schon gerne stecken. Am besten gemeinsam mit dem Mann, der das krasse Gegenteil von Fake News ist – aber bitte nicht unter der Decke, unter der er nun schlafen muss. "Überall musste Deniz eine Geschichte loswerden", steht in einem Text, den DIE WELT und die Tageszeitung TAZ solidarisch gemeinsam wiedergeben – es ist das Vorwort, das Doris Akrap, Daniel-Dylan Böhmer und Özlem Topcu geschrieben haben für eine aktualisierte Neuauflage eines Buches von Deniz Yücel, der seit Februar in türkischer Haft sitzt. "Die Behörden haben Deniz auch die Freiheit genommen, mit all seinen geliebten Istanbulern stundenlang zu reden, Tee zu trinken und zu rauchen, und die Freiheit, stundenlang zu erzählen, was seine geliebten Istanbuler ihm erzählt haben."
Freiheit für Deniz!
Mehr zum Thema