Aus den Feuilletons

Was machen wir aus dem ganzen Müll?

Plastikmüll am Strand von Dakar, Senegal. Im Vordergrund sitzt eine magere Katze
Die Strände einiger Städte und Inseln versinken geradezu in Müll. © Picture Alliance / dpa / EPA / Nic Bothma
Von Ulrike Timm · 25.01.2017
Zwar ist auch die geistige Vermüllung derzeit ein ernstes Problem, aber die "taz" widmet sich lieber dem realen Plastikmüll – ein kanadischer Künstler hat ein Haus aus PET-Flaschen gebaut. So ganz ohne Trump kommen die Feuilletons natürlich auch heute nicht aus.
Wir brauchen endlich mal wieder was Grundpositives, scheinen sich die Kollegen der TAZ gedacht zu haben, und schreiben "Konstruktive Lösung" über das Foto einer ollen zerknautschten Plastikflasche.
Aus diesem Stoff, aus PET, sind nämlich die Träume des kanadischen Tüftlers Robert Bazeau. Der strandete auf einem beliebten Touristenarchipel bei Panama – die eine Hälfte Paradies, die andere eine Müllkippe aus Plastik. Beherzt legte der Mann 14000 PET-Flaschen platt und verbastelte sie zu einem soliden Haus.
"Wir müssen lernen, etwas Nützliches aus etwas Schädlichem zu machen", sagt er gegenüber der TAZ.
Und zweifellos macht ein Haus mehr Sinn als Plastikmüll, von dem mindestens acht Millionen Tonnen im Meer landen – pro Jahr! Die Müllkippe kann da bis zu 450 Jahre vor sich hindümpeln. So lange dauert es, bis sich Kunststoff zersetzt, und auch als Mikroplaste schädigt er noch Pflanzen und Tiere. Und nun, wie schön, ein Haus, dem noch ein ganzes Dorf folgen soll! – und die Bauanleitung wird im Internet vermarktet, für Nonprofitorganisationen kostenlos… Nur: ist die gute Idee nicht auf die Produktion böser Flaschen geradezu angewiesen? Dazu meint der Häuslebauer:
"Am besten wäre es, wenn Getränke nur noch in Glasflaschen oder biologisch abbaubaren Gefäßen verkauft würden. Doch ich befürchte, das ist utopisch. Und mir geht es ja zunächst vor allem darum, die Sünden der letzten 38 Jahre zu beseitigen".
Sie merken schon, wir versuchen den überbordenden Dauertrumpisierungsanalysen dieser Tage ein klein wenig zu entkommen, denn auch die gefühlt 394. Deutung klärt die Lage wenig, ändert nix und bringt auch nix Neues – selbst wenn ein kluger Kopf wie Adam Soboczynski seinen ausführlichen Artikel über den vormodernen Mann mit dem wehenden Schlips schreibt. Der steht in der ZEIT.
Die WELT zäumt das Pferd zumindest ein wenig anders auf und zitiert den Historiker Timothy Snyder: "Das 20. Jahrhundert fällt uns jetzt auf den Kopf". "Nun muss man die Fallrichtung des vorigen Jahrhunderts präzisieren: manchmal fällt es aus dem Bücherregal", meint Autor Matthias Heine, und bezieht sich darauf, dass ein uraltes Buch, das man für ein paar Cent in jedem Antiquariat bekommt, seit wenigen Tagen wieder Bestseller ist: George Orwells Anti-Utopie "1984" nämlich. Der Roman, in dem eine "Gedankenpolizei Gedankenverbrechen verfolgt" und mittels Sprachumdeutung verhindern will, dass abweichende Einschätzungen überhaupt nur entstehen können. Nennt man das heute alternative Fakten?
"…seitdem die Welt gefühlt wieder ärmer und gewalttägiger wird, erhoffen sich wieder mehr Menschen von Orwell eine Konkretisierung ihrer Ängste", heißt es in der WELT.

Großes Lob für Natalie Portman in "Jackie"

Alle Feuilletons loben ausführlich einen Film, nämlich "Jackie", geschrieben vom amerikanischen Autor Noah Oppenheim, gedreht vom hochpolitischen chilenischen Regisseur Pablo Larraín und grandios gespielt von Natalie Portman. Gelobt wird nicht nur, wie verblüffend Jackie-Kennedy-ähnlich Portman die Tage vom Attentat bis zur Beerdigung von US Präsident John F. Kennedy durchschreitet. Von der "Auflehnung einer Witwe" erzählt der Film laut SÜDDEUTSCHER ZEITUNG und davon, wie im Moment der Katastrophe Geschichte konstruiert wird, wie die kluge First Widow ihren Mann zum Mythos einer Nation machte. Und die FRANKFURTER ALLGEMEINE sieht in "Jackie" eine Frau, die sich mit einem Satz legitimiert, "der in Amerika resonanter nicht sein könnte: "I‘m just doing my job". Den Schüssen von Dallas 1963 widmet sich Pablo Larraín übrigens nur in einer kurzen Sequenz ganz am Ende.
Wenn Sie in diesen eher grauen Tagen jetzt einer kleinen Aufmunterung bedürfen, hier zum guten Schluss nach gutem Brauch die gute Nachricht, und wir lassen Ihnen die Auswahl zwischen gleich zwei Überschriften, einmal euphorisch: "Musik lässt Flügel wachsen" – steht in der TAZ. Einmal handfest, steht im TAGESSPIEGEL: "Die Lust überwiegt den Schiss".
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