Aus den Feuilletons

Wann ist der Mann ein Mann?

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Verschwiegen und stark? Es gibt etliche Klischees der Männlichkeit, ein paar davon kamen auch auf der "Mann-Sein"-Konferenz in Berlin vor. © dpa/Alexandr Kryazhev
Von Adelheid Wedel · 03.06.2018
Angekündigt war eine Parallelbewegung zum Feminismus, doch die "Mann-Sein"-Konferenz in Berlin hat, nach Meinung der "taz", die gesellschaftlichen Probleme weitgehend ausgeblendet. Schweigen statt besprechen – typisch Mann?
Warum wird der einst hart umstrittene Denker Karl Marx heute so gefeiert? Das fragt Hannelore Schlaffer in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG. Nachdem sein hundertster Geburtstag im Jahre 1918 von der Nachwelt nicht beachtet wurde, ist die Frage natürlich berechtigt. Schlaffer vermutet, die Beflissenheit, mit der heute seiner gedacht wird, beweist, dass Marx seine Rolle als Provokateur und Widersacher der bürgerlichen Gesellschaft ausgespielt hat. Sie hinterfragt dessen These, nach der die bürgerliche Gesellschaft ihre eigenen Totengräber produziert und seine Schlussfolgerung, der Untergang des Kapitalismus und der Sieg des Proletariats seien unvermeidlich.

Karl Marx lag falsch

Und eben hier irrte Marx, so die Autorin, denn, so meint sie, inzwischen habe das Kapital Mittel und Wege gefunden, der Revolution zu entkommen und den "Totengräber" zum Mitarbeiter zu machen. Schlaffer dazu:
"Die Bourgeoisie konnte schließlich Marxens Prophezeiung den Boden entziehen, indem sie aus dem entbehrungsreichen Proletarier einen genießenden Kleinbürger machte. Dieser besitzt wenig, aber etwas, und wer etwas zu verlieren hat, denkt nicht an Revolution. Und den Gedanken fortsetzend: Das Schnäppchen – im weitesten Sinne des Wortes – ist das Friedensangebot des Kapitalismus."
Die Tageszeitung TAZ informiert mit ganzseitigem Bericht von der "Mann-Sein"-Konferenz in Berlin, die nun schon zum vierten Mal stattfand. Arved Clute-Simon fasst seine Eindrücke vom Geschehen so zusammen:
"Die Atmosphäre stimmt: Männer umarmen sich und begegnen einander angenehm uncool. Gesellschaftliche Machtverhältnisse allerdings bleiben weitergehend ausgeblendet, und über die wirklichen Probleme wird dann gut patriarchalisch doch lieber geschwiegen als gesprochen. Dabei aber sollte es aber doch um Wachstum und Weiterentwicklung als Mann, zeitgemäß, bewusst und selbstsicher gehen. Die Rede war sogar von einer Parallelbewegung zum Feminismus. Die Krise der Männlichkeit bliebe von der Gesellschaft ignoriert, bemängelte Prof. Dr. Walter Hollstein, und: Männer seien allein damit, eine Lösung für ihre problematisch gewordene Identität zu finden. Damit traf er offenbar den Grundgestus der 4. Konferenz zu Fragen der Männlichkeit in heutiger Zeit."

Würdigung des Erfinders der kommunalen Kinos

Mit 30 Bildern des kanadischen Fotokünstlers Jeff Wall aus vier Jahrzehnten feiert die Kunsthalle Mannheim die Eröffnung ihres Neubaus. Katinka Fischer schwärmt in der FAZ: Mit dem dreigeschossigen, nach Plänen des Hamburger Büros GMP innerhalb von drei Jahren errichteten Gebäude, einem 70-Millionen-Euro-Projekt, rückt die Kunsthalle Mannheim auf in die erste Liga der deutschen Museumsarchitektur.
Im gestrigen Fazit wurde er ausführlich gewürdigt, jetzt ziehen die Feuilletons nach. Es geht um einen Helden der Kulturarbeit, wie die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG schreibt, um den langjährigen Frankfurter Kulturdezernenten und Präsidenten des Goethe-Instituts Hilmar Hoffmann, der jetzt, 92-jährig starb. In der WELT schreibt Marc Reichwein in seinem Nachruf: Hilmar Hoffmann erfand die kommunalen Kinos, das Museumsufer in Frankfurt und wollte Theater, Konzerte, Ausstellungen vom Nimbus der Elite befreien. Alles in allem ein Lob auf einen Ausnahme-Kulturpolitiker.
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