Eröffnung am Freitag

Neue Mannheimer Kunsthalle setzt auf Bewegung

Die neue Kunthalle Mannheim eröffnet mit der Fotoausstellung "Jeff Wall. Appearance".
Die neue Kunthalle Mannheim eröffnet mit der Fotoausstellung "Jeff Wall. Appearance". © imago / masterpress
Von Anke Petermann · 30.05.2018
Gut 100 Jahre nach ihrer Gründung bekommt die städtische Kunsthalle Mannheim eine Erweiterung. Die Macher wollen dem Publikum eine aktive Rolle geben - und eröffnen nun mit einer Fotoausstellung.
Ob der neue mit Edelstahl-Gewebe verhängte Glas-Kubus des Hamburger Architektenbüros Gerkan, Marg und Partner zum Jugendstil-Altbau und dem historischen Ensemble des Mannheimer Friedrichsplatzes passt, bleibt unter Einheimischen umstritten. Fest steht aber: Die Kunsthalle Mannheim öffnet sich zur Umgebung, betont Direktorin Ulrike Lorenz.
"Wir haben eine offene lichtdurchlässige Architektur, die Ein- und Ausblicke gestattet. Man kann in allen Richtungen ins Freie, in die Stadt schauen. Und die Stadt schaut zurück. Man kommt in dieses wunderbare Tageslicht-Atrium, 22 Meter hoch und großzügig überspannt von Brücken und Terrassen."
Eine Empfangshalle als Marktplatz und Kommunikationsraum. Sie macht Lust auf großformatige Kunst. Und die hat die Kunsthalle auch zu bieten: Sei es der fast drei Tonnen schwere Gemälde-Skulptur-Zwitter namens Sefiroth von Anselm Kiefer. Auf einer Brücke quer durchs Atrium kann man der fast zehn Meter hohen kabbalistischen Komposition aus Blei und Naturmaterialien sozusagen auf Augenhöhe begegnen, ein Werk aus der wohl weltgrößten Kiefer-Kollektion des Sammlers Hans Grothe, die die Kunsthalle beherbergt.
"Wir bieten hier zahlreiche Möglichkeiten, den Blickwinkel auf Werke zu verändern, im wahrsten Sinne des Wortes, im körperlichen Sinne des Wortes."

Museumsmacher nehmen sich zurück

Die Kaskade aus elf eisernen Bettgestellen von Rebecca Horn hängt von der Decke einer überbauten Terrasse im ersten Geschoss. Horn nennt ihr Werk "Inferno" und lässt es von sensorgesteuerten elektromotor-getriebenen Violinen begleiten – wie von Geisterhand. Der durchlässigen Architektur entspricht ein offenes Konzept: "Museum in Bewegung" nennt es die Direktorin.
"Wir hängen nicht mehr für die Ewigkeit und auch nicht mehr für fünf oder zehn Jahre, sondern wir machen in unseren Räumen, die wir Kuben nennen, Vorschläge an unser Publikum: Einladungen, Sammlungen, Kunstwerke aus zwei Jahrhunderten immer wieder neu zu lesen, in anderen Zusammenhängen anders zu begreifen. Und einfach eine große Freiheit angesichts dieser Kunst zu spüren."
Bis dahin, dass man an der digitalen "Collection Wall" im Atrium aus den verzeichneten Werken eigene Ausstellungen komponieren und Ideen mit andren Besuchern austauschen kann. Die Museumsmacher nehmen sich dabei als Mentoren komplett zurück.
Erste Sonderausstellung: Fotokünstler Jeff Wall
Die erste Sonderausstellung im Neubau der Kunsthalle gehört dem kanadischen Fotokünstler Jeff Wall, bekannt für seine Dia-Lichtbildkästen. Kurator Sebastian Baden deutet auf die 2x3 Meter große Lightbox "The flooded grave", entstanden auf der Schwelle zum Jahr 2000. Zu sehen ein Friedhof. Und im Vordergrund:
"Ein Grab, gefüllt mit Meerestieren. Das ist die Überraschung, bei der eben die erstmalige digitale Bearbeitung des Bildes Anfang der 90er-Jahre vorliegt. Und man zeigen kann, dass Jeff Wall das Interesse nicht nur auf die analoge Fotografie legt, sondern auch auf deren Bearbeitung."
Wie man auf so etwas kommt? Der Künstler selbst zuckt die Schultern. Er hatte das Motiv nicht gezielt ausgesucht, nicht geplant. Irgendwann zuvor hatte er mal gesehen, wie ein Erdloch voll mit Wasser lief, durch Zufall, Intuition und Inspiration entstand die Verbindung zum Friedhof und die Idee des gefluteten Grabs. Reizvoll, aber aufwändig digital umzusetzen. Die eigene Arbeitsweise – voller Überraschungen für den Künstler selbst.
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