Aus den Feuilletons

Streitschrift gegen Safranskis Thesen

Der deutsche Philosoph und Schriftsteller Rüdiger Safranski in seinem Wohnhaus in Badenweiler (Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald).
Philosoph und Schriftsteller Rüdiger Safranski kritisiert die Bundesregierung und das linksliberale Milieu. © dpa/Patrick Seeger
Von Adelheid Wedel · 23.03.2018
Im "Spiegel" antwortet der Soziologe Armin Nassehi auf den Schriftsteller und Philosophen Rüdiger Safranski: Dessen Ansichten zur Einwanderungspolitik ähnelten denen von AfD-Politikern wie Alexander Gauland oder Marc Jongen.
"Ich arbeite doch nicht, um gesammelt zu werden", sagt der frisch gekürte Preisträger des ersten afrikanischen Kunstpreises, der Sound- und Medienkünstler Em'kal Eyongakpa aus Kamerun. Die Tageszeitung TAZ stellt den Preisträger und den Preis vor. Gestiftet wird die mit 20.000 Euro dotierte Anerkennung vom Goethe-Institut und der Familie von Henrike Grohs, der Leiterin des Goethe-Instituts Abidjan, die vor zwei Jahren bei einem islamistischen Anschlag getötet wurde.
"Die Auszeichnung will ihr Lebenswerk, die Förderung afrikanischer Künstler, fortführen", schreibt Mounia Melbor. "Dieser Preis fülle eine wichtige Lücke, denn es gebe kaum Preise für afrikanische Künstler in dieser Größenordnung." Die Kunst ist für den 1981 geborenen Preisträger "eine logische Folge seiner Herkunft, die frühesten Erinnerungen aus seiner Kindheit sind akustische", erklärt die Autorin, und weiter:
"Kollektive Geschichte ist ein wichtiges Thema seiner Arbeit. Vor allem Kolonialisierung, postkoloniale Gesellschaften und die Fortsetzung von Gewalt beschäftigen ihn." Die Autorin nennt ihn einen "Audio-Archivar", der sich mit Klangwelten umgibt und neue schafft. Em'kal Eyongakpa kommt nun seinem Traum näher: Er möchte "dem afrikanischen Kontinent ein akustisches Denkmal setzen".

Debatte um Safranskis Thesen

Der SPIEGEL setzt die Debatte um die Thesen des Schriftstellers und Philosophen Rüdiger Safranski fort. In seiner vorigen Ausgabe hatte das Wochenblatt "unter der Überschrift 'Es gibt keine Pflicht zur Fremdenfreundlichkeit' Safranskis Kritik unter anderem an der Einwanderungspolitik der Bundesregierung und am linksliberalen Milieu" abgedruckt.
Armin Nassehi leitet den Lehrstuhl für Allgemeine Soziologie und Gesellschaftstheorie an der LMU München
Armin Nassehi leitet den Lehrstuhl für Allgemeine Soziologie und Gesellschaftstheorie an der LMU München.© Arne Dedert/dpa
Darauf antwortet in der neuen Ausgabe der Münchner Soziologe und Herausgeber des "Kursbuchs" Armin Nassehi. In seiner Antischrift rechnet er nicht nur mit Safranskis Ansichten ab. Er schreibt: "Der AfD-Politiker Marc Jongen redet ähnlich wie Safranski, und die notorische Undeutlichkeit eines Peter Sloterdijk beklagt ganz ähnlich die geistige Verwahrlosung der Massen, wie Botho Strauß eine aristokratische Ethik der Wenigen pflegt."
Nassehi erinnert, Alexander Gauland habe am Abend der Bundestagswahl die Parole ausgegeben, man hole sich nun das Land zurück. So deutet er auch das Motiv für Safranskis Äußerungen. Der Artikel – und das ist einer Streitschrift eigen – spart nicht mit Anklagen, Vorwürfen und Vermutungen und unternimmt auch den Versuch, Safranski zu verstehen:
"Die starke Reaktion auf die Flüchtlingskrise bei Safranski und den Seinen kann man fast psychologisch deuten: Der erlebte Kontrollverlust in der Hochphase der Flüchtlingskrise hat bei den einen eine geradezu unrealistische Euphorie erzeugt, für ihn war es der schreckliche Hinweis auf die Unkontrollierbarkeit einer Welt, die eben anders ist als die Badenweiler Idylle."
Damit wird ganz sicher kein Schlussstrich unter die Debatte gezogen, so viel ist festzustellen.

Neues von Strauß und Walser

Tilman Krause geht in der literarischen WELT-Ausgabe vom Wochenende der Frage nach: "Was macht eigentlich Botho Strauß?" und bewertet dessen neues Buch "Der Fortführer" "als eine romantische Zeitkritik, von der keine politische Bewegung mehr ausgeht".
Martin Walsers neues bei Rowohlt erschienenes Werk "Gar alles oder Briefe an eine unbekannte Geliebte" wird in der WELT von Barbara Möller rezensiert. Sie nennt den Roman einen "ironisch-boshaften Beitrag zur MeToo-Debatte". Der Held im Buch, quasi ein Münchner Weinstein, ist als Oberregierungsrat aus dem Verkehr gezogen worden, weil er einer jungen Frau in einer Theateraufführung an den Schenkel gefasst hat, referiert die Rezensentin den Plot. Der Beschuldigte will seine Schuld nicht einsehen und bloggt: "Ich bin nicht der, den ihr aus mit machen wollt. Ich kenne den nicht, den ihr in mir seht. Ich weiß von mir nur, dass ich zwar nicht weiß, wer ich bin; dass ich der, den ihr in mir sehen wollt, nicht bin, das weiß ich."
Dass Martin Walser an diesem Sonnabend seinen 91. Geburtstag feiert, wissen wir und gratulieren herzlich!
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