Aus den Feuilletons

Mit Weltkriegsfilm gegen neue Nationalisten

04:18 Minuten
24.10.2019, Bayern, München: Der Regisseur Roland Emmerich kommt zu seiner Sondervorführung des Weltkriegsdramas "MIDWAY- Für die Freiheit". Kinostart ist 07.November 2019. Foto: Ursula Düren/dpa | Verwendung weltweit
Mit seinem neuen Film "Midway" will Regisseur Roland Emmerich auch die USA daran erinnern, dass sie einst für die Demokratie gekämpft haben. © dpa
Von Klaus Pokatzky · 05.11.2019
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"Schrecklich! Nur noch Superhelden", meint Regisseur Roland Emmerich in der "SZ" und berichtet, dass es ihm in Zeiten des sprießenden Nationalismus wichtig sei, in Filmen auch die Gegenwart zu reflektieren – so wie in seinem Weltkriegsdrama "Midway".
"Papa, hast du denn in der Steinzeit gelebt?" Das wurde Rainer-Maria Weiss von seiner Tochter gefragt, wie wir in der Tageszeitung TAZ lesen. Der Direktor des Archäologischen Museums Hamburg hatte der Tochter erzählt, "wie das zu seiner Zeit gewesen sei, eine Abschlussarbeit zu schreiben mit Endlospapier und Nadeldrucker – was für eine heute Um-die-20-Jährige offenbar klang wie ein Höhlenmenschendasein", schreibt Alexander Diehl.
Und nun können im Archäologischen Museum in der Hansestadt die jungen Digitalmenschen von heute betrachten, was es in analogen Zeiten so gab: "ein typischer Großraumbüroschreibtisch etwa, mit elektronischer Rechenmaschine, darauf einem voluminösen Diktiergerät und einem orangefarbenen Wahlscheibentelefon, das sogar funktioniert".

Deutsch-deutsche Geschichte erzählen und verstehen

Fast schon Steinzeit eben – so ähnlich wie dieses Land, das vor 30 Jahren verschwand. "Während Zeitungen und Nachrichten dieser Tage voll sind von Geschichten aus der DDR und der Zeit des Mauerfalls, mag es in einigen Familien doch noch so aussehen", beschreibt der Berliner TAGESSPIEGEL:
"Die altbekannten Anekdoten werden erzählt, aber darüber hinaus herrscht Schweigen. Der Opa bei der Stasi, der Vater bei den Grenzsoldaten, die Mutter in der SED? Besser nicht darüber reden, das kann alte Wunden aufreißen und neue Gräben ziehen", fürchtet Anna Thewalt.
Aber, wo die Gefahr des Vergessens droht, naht das Rettende auch – etwa durch unseren Kollegen Johannes Nichelmann, der selber im Jahr des Mauerfalls geboren wurde und ein Buch über die Nachwendekinder geschrieben hat. "Es muss im Schulunterricht ein großes Thema werden", zitiert ihn der TAGESSPIEGEL.
"Wenn wir die DDR verstehen wollen, müssen wir den Sozialismus verstehen, den Marxismus, den Leninismus. Auf die Lehren zu schauen, auf denen das Ganze fußte, würde sehr zum Verständnis beitragen."
Und Johannes Nichelmann ist nicht der einzige, wie der alle zwei Jahre ausgerufene Geschichtswettbewerb des Bundespräsidenten zeigt. "In den letzten drei Ausschreibungsrunden gab es jedes Mal weit über hundert Beiträge zum Thema DDR/deutsch-deutsche Geschichte", schreibt Anna Thewalt im TAGESSPIEGEL.
"Es ist ein Aufwärtstrend: In den Runden davor behandelten nur etwa 50 Arbeiten dieses Thema. Das Interesse an der DDR-Geschichte ist unter den jungen Wettbewerbsteilnehmern also steigend."

Im Geschichtsfilm die Gegenwart reflektieren

Abnehmend hingegen ist ein filmisches Genre der martialischen Art. "Kriegsfilme waren in den Fünfzigern mal Kassenschlager, seitdem eher nicht mehr", heißt es in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG. "Wobei man mittlerweile eigentlich noch weiter gehen und sagen muss: Ernste Filme mit echten Menschen laufen einfach nicht mehr gut", sagt im Interview der deutsche Hollywood-Regisseur Roland Emmerich: "Schrecklich! Nur noch Superhelden."
Emmerichs neuester Film "Midway" kommt am Donnerstag in die Kinos und schildert die berühmte Schlacht im Zweiten Weltkrieg zwischen Amerikanern und Japanern. "Ich versuche, bei jedem Film ein bisschen die Gegenwart zu reflektieren, egal wann er spielt", erzählt Roland Emmerich.
"Gerade heutzutage, wo der Nationalismus wieder modern wird, Globalisierung ein Schimpfwort ist und überall Naziparteien aus dem Boden sprießen. In Amerika sind die Republikaner die Nazis, das muss man so wirklich so sagen. Da finde ich es doch gut, daran zu erinnern, dass es mal eine Zeit gab, in der die Amerikaner vereint für die Demokratie gekämpft haben."
Auch das klingt schon fast wieder nach Steinzeit.
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