Aus den Feuilletons

Lindemann hasst Musik und will Fleisch zum Frühstück

04:19 Minuten
Schweinefleischstücke mit Pfeffer, Salz und Rosmarien drappiert.
Traumfrühstück? Für Rammstein-Sänger Till Lindemann offensichtlich ja. © imago
Von Gregor Sander |
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Rohes Fleisch zum Frühstück, das wünscht sich Rammstein-Sänger Till Lindemann bei einem Interview vormittags um halb elf in Deutschland. Ist nicht, nicht einmal im Nobelhotel. Stattdessen gibt's nur Bockwurst mit Senf: Die Welt muss kaputt sein.
"Die Kinopublikumsmehrheit will Trickfilme." Mit diesem Satz beginnt Dietmar Dath seine Kritik zu "Die Eiskönigin 2" in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG und vermutlich hat er damit Recht, denn der erste Teil der "Eiskönigin" war 2013 ein fulminanter Kassenschlager, der nicht nur bei den Kindern ankam, sondern auch Eltern entzückte und Kritikerherzen gewann.
Nun ist Daths Text natürlich nicht eine Filmkritik im herkömmlichen Sinne und kann sich daher bei der Inhaltsangabe kurz fassen: "Zwei Zivilisationen stehen auf dem Spiel, die moderne von Arendelle und die archaische von Northuldra. Die Schicksale beider Gemeinschaften sind miteinander verzopft." Für die Motivation der Filmemacher reichen dem FAZ-Autor drei Sätze:
"Jennifer Lee und Chris Buck, für Regie und Drehbuch verantwortlich, bekräftigen im zweiten Teil ihre Entschlossenheit, an Mustern, mit denen sie spielen, alles zu ändern, was nicht festgeschweißt ist. Niemand muss einem fixen Lebensplan gehorchen, auch keine Königin. Diese Lebenshilfebotschaft passt in jeden Kinderkopf; selbst Rentiere verstehen sie."
So fährt Diethmar Dath also Schlitten mit der Eiskönigin und nutzt dabei Hans Christian Andersen, Pokémon sowie Adorno und Horkheimer als Slalomstangen, um dann über die Abschlusskritikziellinie zu brausen, die da lautet: "Magie und Technik sind zwei der drei schöpferischen Schwestern, die ohne Tricks in keiner Gesellschaft leben könnten. Die dritte, klüger als Geld und Macht, heißt Kunst." Und die kommt in der "Eiskönigin 2" natürlich gar nicht vor, was dem Publikum auch dieses Mal vermutlich schnurzpiepe ist.

Schön viel Senf

"Till Lindemann will Fleisch", so beginnt das Interview mit dem Krawallrocker in der Tageszeitung DIE WELT und auch das ist keine große Überraschung. Lindemann sitzt mit dem Schweden Peter Tägtgren in einem namentlich nicht erwähnten Nobelhotel, um über die neue Platte des gemeinsamen Musikprojekts "Lindemann" zu sprechen. Aber der Wunsch nach rohem Fleisch zum Frühstück ist selbst für das Nobelhotel nicht zu erfüllen, wie Felix Zwinzscher berichtet:
"Es ist halb 11, Steak Tatar gibt es erst ab 12 Uhr. Dann halt Bockwurst. Mit Senf. 'Schön viel Senf', sagt Lindemann." Und gibt dann überraschende Einblicke in seine Hörgewohnheiten: "Ich hasse Musik. Ich will einfach nur meine Ruhe. Selbst zu Hause höre ich nie Musik. Ich habe ein Radio in meinem Badezimmer - das läuft 24/7. Es ist dazu da, die Stille zu durchbrechen."
Über die neue Platte erfährt man so sehr wenig, dafür aber etwas über Lindemanns Gründe, textlich zu provozieren: "Ich bin nicht kaputt. Die Welt ist kaputt. Meine Texte sind nur eine Reflexion davon."

Ich-Monologe über Popmusik

Reflexionen über Popmusik sind nun aber auch nicht jedermanns Sache, oder wie es Julian Weber in der TAZ ausdrückt: "Solche Verzwergung hat Pop nicht verdient." Gemeint ist damit die bei Kiepenheuer & Witsch erscheinende "Musikbibliothek", in der bisher vier Bände erschienen sind:
"Thees Ullmann schreibt über ein Konzert der Toten Hosen, Tino Hanekamp nähert sich dem australischen Rockstar Nick Cave, Anja Rützel bekundet ihr Fantum zu Take That und Sophie Passmann denkt mit Frank Ocean über sich selbst nach."
Doch diese Versuche, Popmusik nachlesbar zu machen, scheitern laut Weber grandios, denn es: "finden sich nicht viel mehr als ermüdende Monologe über den Alltag, reaktionäre Provinzialität, ausgegeben als Widerstandsakt und eine eindimensionale Auslegung der ersten Person Singular zur allwissenden Erzählebene, in der jede Staubmusche aus dem Bauchnabel als Sensation verkauft wird."

Jedes "Christmas" gibt ein "Prost"

Bleibt uns hier am Ende nur noch ein Rat aus der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG. Eine Höranleitung für Robbie Williams' neues Album "The Christmas Present". Rod Stewart singt mit, Bryan Adams und selbst Helene Fischer fehlt leider nicht. Max Fellmann empfiehlt daher:
"Das Album eignet sich gut als Basis eines Trinkspiels an Heiligabend: Jedes Mal, wenn Robbie das Wort ‚Christmas‘ singt, müssen alle einen Schluck Glühwein nehmen."
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