Nadine Filko: "Clean Meat. Fleisch aus dem Labor"

Fleischgenuss ohne schlechtes Gewissen

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"Clean Meat. Fleisch aus dem Labor: Die Zukunft der Ernährung?" von Nadine Filko
Laborfleisch soll eine Alternative zum Tierfleisch werden. Noch sind die produzierten Fleischmengen aber überschaubar und zu teuer, ist in „Clean Meat“ zu lesen. © LangenMüller
Von Michael Lange · 13.11.2019
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Fleisch, das nicht von geschlachteten Tieren stammt, sondern aus Zellkulturen gezüchtet wird, soll schon bald den Fleischhunger der Menschheit befriedigen. Die Journalistin Nadine Filko liefert mit "Clean Meat" ein wichtigen Beitrag zur Debatte.
Immer mehr Menschen in Europa wollen das millionenfache Schlachten von Tieren nicht mehr akzeptieren. Vegetarische und vegane Ernährung liegen im Trend. Aber die meisten Verbraucherinnen und Verbraucher sind nicht bereit, auf Fleisch zu verzichten. In ihrem Buch "Clean Meat" stellt Nadine Filko eine mögliche Alternative zum Verzicht vor: Fleisch aus dem Labor. Die Autorin hat zahlreiche Informationen gesammelt und Interviews geführt, um die Zukunftschancen dieser Innovation einschätzen zu können. In ihrem Buch kommen Firmengründer zu Wort, aber auch Ernährungsexperten, Aktivisten und Industrievertreter. Immer dabei im Blick: die "Potentiale" für Gesellschaft und Umwelt.

Aus Gewebe werden Fleischberge

Weltweit sprießen Startups aus dem Boden, die das "neue" Fleisch auf den Markt bringen wollen und Unternehmen in Kalifornien, Israel und den Niederlanden planen bereits die Massenproduktion. Dabei sollen aus einzelnen Gewebeproben von Rindern oder Schweinen durch Zellteilung wahre Fleischberge entstehen, ohne dass dafür ein Tier geschlachtet werden muss. Zunächst in Zellkulturen im Labor und später in riesigen Bottichen oder Braukesseln sollen tierische Muskelzellen mit Nährstoffen aus Pflanzen gefüttert werden. Neben dem Nutzen für das Tierwohl versprechen die Befürworter der Technik weniger Umweltschäden durch Land- und Wasserverbrauch und weniger Klimagase. Noch sind die produzierten Fleischmengen allerdings überschaubar, und die Preise nicht marktfähig. Dennoch: Die Nahrungsmittelindustrie ist auf die Entwicklung aufmerksam geworden und hat sich an einigen kleinen Firmen beteiligt.

Eine saubere Alternative?

Auch wenn die Mehrheit der Deutschen noch skeptisch ist: Nur 21 Prozent können sich vorstellen, in Zukunft Fleisch aus dem Labor zu essen. Nach Mehrheitsmeinung sollen Nahrungsmittel möglichst natürlich und nicht künstlich hergestellt sein. Deshalb reden die Pioniere der Szene nicht gerne von Laborfleisch, sondern lieber von Clean Meat (sauberes Fleisch) oder sogar von Innocent Meat (unschuldiges Fleisch), so die Autorin. Die Nahrungsmittelindustrie lehnt diese ethischen Bewertungen ab, denn sie klassifizieren indirekt Tierfleisch als unsauber oder schuldbehaftet. Möglicherweise wird sich der Begriff Cultured Meat (kultiviertes Fleisch) durchsetzen – oder einfach "Kulturfleisch".
Nadine Filko formuliert zwar kritische Fragen, geht den Dingen aber nicht auf den Grund. Wie das Fleisch im Labor entsteht und wie es sich massenhaft herstellen lassen soll, verrät sie nicht, und auch ihre Gesprächspartner geben zum Herstellungsverfahren wenig Auskunft. Stattdessen reiht die Autorin unzählige Zitate voller Marketingfloskeln und Anglizismen hintereinander. Das schmälert das Lesevergnügen erheblich, und letztlich bleiben auch nach 200 Seiten viele Fragen offen – dennoch: Das Thema ist wichtig und das Buch von Nadine Filko ist eins der ersten, das es überhaupt für eine größere Leserschaft thematisiert.

Nadine Filko: "Clean Meat. Fleisch aus dem Labor: Die Zukunft der Ernährung?"
LangenMüller, Stuttgart 2019
224 Seiten, 18 Euro

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