Aus den Feuilletons

Kein Plärren im Zen-Garten

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Mit einer Erweiterung für den Browser Chrome soll es möglich sein, Hasskommentare in der Anzeige auszublenden.
Eine Browsererweiterung soll es ermöglichen, Hate Speech im Netz auszublenden. © Christian Ohde / imago-images
Von Tobias Wenzel · 31.03.2019
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Die "Süddeutsche Zeitung" berichtet von einer Erweiterung für den Browser Chrome, die auf Wunsch Hasskommentare im Netz ausblenden kann, und fragt, ob man sich auf diese Art und Weise der "Schlechtigkeit der Welt" verschließen darf.
"Ich habe zu Hause in jedem Raum einen Fernseher, und der muss auch laufen", sagt Hella von Sinnen im Interview mit der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG. Und man denkt: Ja, klar! April, April! Aber dann wird sie konkreter: "Bei mir im Bad läuft nur noch ZDF-Info mit den ganzen History-Dingern." Und man stellt es sich bildlich vor und glaubt es dann eben doch.

Das Netz zu einem friedlicheren Ort machen

Ähnlich verhält es sich, auch in der SZ, mit Michael Moorstedts Artikel "Im Zen-Garten". Es gebe nun eine Erweiterung für den Browser Google Chrome, behauptet er, mit dem man Hass-Kommentare auf Twitter, Facebook und Co. ausblenden könne. Mit einem virtuellen Regler könne man den Ton auf den entsprechenden Seiten bestimmen.
"Die Toxizität im Internet lässt sich auf vier Stufen genau regulieren. Am einen Ende der Skala steht der Zen-Mode, in dem einfach alle Kommentare weggefiltert werden, auf der anderen ist es das lautmalerisch sehr gut getroffene Blaring, also Plärren."
Das kann nur ein Aprilscherz sein, denkt man auch hier, allerdings nur, bis Moorstedt über die Technik dahinter berichtet und ernst über die Folgen der Browser-Erweiterung nachdenkt:
"Wenn nun jeder Nutzer die Software installieren würde, wäre das Netz damit zwar noch kein Zen-Garten, aber doch ein wesentlich friedlicherer Ort als heutzutage."
Doch sogleich wirft er die Frage auf, ob das der richtige Weg ist:
"Denn nur weil die Hass-Kommentare nicht mehr sichtbar sind, heißt es ja noch lange nicht, dass auch die Menschen verschwinden, die sie verfassen. Überlässt man ihnen nun nicht Haus und Hof? Werden sie dadurch nicht noch weiter radikalisiert? Kann, nein, darf man sich der Schlechtigkeit der Welt einfach so verschließen?"

Die heilende Wirkung von Milan Kundera

Dass Milan Kundera an diesem 1. April neunzig wird, ist ganz sicher kein Scherz, auch nicht, dass einer seiner wichtigsten Romane "Der Scherz" heißt. Nach dem Einmarsch der Sowjets in die Tschechoslowakei im August 1968 verschwanden auch Kunderas Bücher aus den Buchhandlungen und Bibliotheken und wurden vernichtet. Daran erinnert der tschechische Schriftsteller Jaroslav Rudiš in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG.
Seine Eltern hätten allerdings in ihrem Bücherregal Kunderas Erzählband "Das Buch der lächerlichen Liebe" mit weiteren gelisteten Werken in der zweiten Reihe hinter politisch unproblematischen Büchern versteckt. Eben diesen Erzählband Kunderas hat Rudiš dann im Sommer 1989 gelesen.
"Damals bin ich gerade siebzehn geworden. Über Böhmen flüchteten die Ostdeutschen nach Ungarn und dann weiter über die offenen Grenzen nach Österreich, und ich war unglücklich verliebt. Am Abend betrunken und am Morgen verkatert. Und dann reiste ich zusammen mit Kunderas tragikomischen Helden in Wehmut und Trauer. Es heilte mich", schreibt Rudiš in seinem sehr persönlichen Artikel zu Kunderas rundem Geburtstag.
Kundera wurde ausgebürgert und hat im Pariser Exil schließlich nur noch auf Französisch geschrieben. Dieser Sprachwechsel habe Rudiš, der vor allem in Deutschland lebt, ermutigt, mit "Winterbergs Reise" nun einen Roman auf Deutsch zu schreiben. Beim Verfassen dieses Buchs habe er oft an Kundera denken müssen:
"Vor allem an unser Mitteleuropa zwischen West und Ost, das wieder zu verschwinden droht. An unser Mitteleuropa, das im Westen gerade wieder vergessen wird – denn was ist es schon anderes als ein Vergessen, wenn man über uns schon wieder fast nur als Osteuropa spricht und schreibt?"
Zum Schluss noch etwas zum Schluss. Ob das ein Aprilscherz ist, müssen Sie selbst herausfinden, liebe Hörer. Jedenfalls behauptet Friedrich Küppersbusch in der TAZ, etwas Isländisch sprechen zu können. "þetta reddast", schreibt er. Das bedeute "am Ende geht’s gut aus".
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