Hornlos in die Schlacht
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Ob als Fernsehserie oder Videospiel: Die Faszination für die Wikinger ist ungebrochen. Doch das Klischee von betrunkenen Raufbolden sei falsch, schreibt die FAZ. Es habe in der Wikingergesellschaft erstaunliche Möglichkeiten für Frauen gegeben.
Es klirren die Äxte und es krähen die Raben. Sollte Ihnen das bislang entgangen sein, dann haben Sie wahrscheinlich noch nicht "Assassin’s Creed: Valhalla" geguckt. Der Wikingermythos wird in der Popkultur durch Serien und Videospiele lebendig, bemerkt die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG, und klärt in einem so aufschlussreichen wie gewitzten Interview mit dem Wikinger-Experten und Universitätsprofessor für Ältere Germanistik und Nordistik, Rudolf Simek, "warum Nordmänner mehr sind als trunkene Hornhelmträger mit Axt".
Hörnerhelme nur in Wagner-Opern
Die Hörner, die gab es ebenso wenig wie die permanente Trunkenheit. Die Hörnerhelme etwa wurden für Richard Wagner Aufführungen erfunden, klärt Simek auf. Wussten wir doch, dass bei Wagner was faul ist! Der Professor hat von der neuen Serie nur zwei Folgen geschafft. Der Wikingermythos in Serien komme mit der Geschichte nämlich nicht mit, zum Beispiel habe es überraschend emanzipierte Wikingerfrauen gegeben:
"Die Welt war zwar unbestritten männerdominiert, aber wenn die Männer monatelang auf Plünderfahrt waren, musste jemand den Hof regieren. Die Frauen in den hochmittelalterlichen Sagas hatten zudem zahlreiche Scheidungsverfahren am Laufen. Sie ließen sich also nicht alles gefallen, hatten ein starkes Selbstbewusstsein." Der Experte versteht den grassierenden Wikingermythos als Sehnsucht nach einer weniger komplexen Welt, teilt sie aber nur bedingt. Simek zur FAZ: "Also ich möchte mich nicht dauernd in Schlachten bewegen und im skandinavischen Winter in unbeheizten Zelten wohnen. Eine unserer schönsten Errungenschaften ist doch der Geschirrspüler."
"Es klingelt" lesen wir in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG, und weiter: "So viele Boten waren noch nie unterwegs. Paketboten. Fortschritt, wohin man schaut. Nur Gott ist ferner denn je." Gut, den hätten wir beim Klopfen des Paketboten auch nicht unbedingt vermutet. Aber da in den kommenden Tagen viel von göttlichen Boten und Botschaften die Rede sein wird, verzwirbelt der Wiener Schauspieler und Kabarettist Josef Hader die beiden Eben zu einer Kolumne für die SZ und deren Rubrik "Licht an." Und auf der gleichen Seite wird noch ein weiterer Lichtblick vermeldet, denn: "Nicht alles war schlecht in 2020: Sempé hat einen neuen Bildband herausgebracht!" Sempé ist der wunderbare Zeichner, unter anderem des "Kleinen Nick". Es war nach schwerer Krankheit still um ihn geworden, doch nun versammelt ein neu erschienener Band Zeichnungen aus allen Schaffensperioden, und die Franzosen zumindest haben ihr kollektives Weihnachtsgeschenk gefunden.
Neue Chance für die Kochkunst
"Der Pizza-Bote ist zum Glück nicht der einzige Profiteur der Pandemie", frohlockt die FAZ. Der sonst immer so gestrenge und mitunter auch edelverschwurbelte Restaurantkritiker Jakob Strobel Y Serra vermerkt mit Wohlbehagen, dass die Kochkunst, das gemeinsame Essen und Zubereiten in der Pandemie einen gewissen Aufschwung nehmen, und sei es nur, dass man das Gänsebratenmenü zum Mitnehmen selbst in der Pfanne erwärmt statt sich nur die Pizza vorbeibringen zu lassen. "Welch eine Ironie dieser irrwitzigen Zeit wäre das: Ausgerechnet ein Virus, das uns den Spaß am Leben so gründlich verdirbt, könnte uns in eine Nation verwandeln, die endlich Spaß am Genuss und am Geschmack findet", meint die FAZ.
Abschied vom Schlips
Jan Hofer, hyperseriöser Tagesschau-Sprecher bis vor wenigen Tagen, findet Geschmack am leichteren Leben und entledigte sich öffentlich seines Schlipses. Auch so kann ein Neubeginn aussehen. Die TAZ hat diesen "Akt des Losbindens" in allen Phasen akribisch festgehalten und mit den Fotos eine komplette Seite gefüllt: "Endlich ohne Schlips" Allerdings kann sich Felix Zimmermann Hofer "derart gelockert" nicht recht vorstellen, sich nur schwer ausmalen, "dass er sich ohne Krawatte auch nur ansatzweise einem Rausch hingibt". Wir raten: Einfach üben! Entbinden ist schlicht ebenso schwer wie Binden!