Aus den Feuilletons

Fortsetzung des Schleimhaut-Thrillers

Ein Sortiment von Sex-Spielzeugen für Bondage- und SM-Spiele mit Maske, Peitsche, Fesseln und Dildos liegt auf einem Sondertisch zum Filmstart von "Fifty Shades of Grey".
Jetzt geht's weiter mit Popoklatsch und Fesselspielen: E.L. James plant Fortsetzung von "Fifty Shades of grey". © Christian Charisius, dpa picture-alliance
Von Arno Orzessek |
Die "Welt" meldet, dass in diesem Monat ein Nachfolgewerk zum Bestseller "Fifty Shades of Grey" erscheint - diesmal aus männlicher Perspektive. Interessanter sind da in der "NZZ" die Erinnerungen an die Diktatur in Albanien der Schriftstellerin Lindita Arapi.
Zunächst eine erregende Nachricht für alle, die auf E. L. James' Haut- und Schleimhaut-Thriller "Fifty Shades of Grey" abfahren:
Laut der Tageszeitung DIE WELT erscheint in diesem Monat ein weiteres Werk der Großerotikerin.
Es heißt "Grey" und erzählt Christian Greys Abenteuer in den Feuchtgebieten der Willfährigkeits-Ikone Anastasia Steel nun aus männlicher Perspektive.
"Das ist für Fans, für die Filmindustrie und den Geldbeutel von E. L. James toll und muss gar nicht weiter problematisiert werden. Wenn es bisher im weitetesten Sinne um Anastasias Begehren ging, wird uns nun Christians dunkles Wollen beleuchtet."
- konstatiert WELT-Autorin Hannah Lühmann, geht aber doch ans Problematisieren.
"Man könnte einwenden, dass es im Grunde um niemandes Begehren geht in diesem Buch, weil so, wie E. L. James schreibt, ja niemand fühlt – oder wann sind Sie das letzte Mal beim Orgasmus 'in eine Million Stücke explodiert'?"
Und das war’s schon mit dem Frivolen - jetzt wird’s ernst.
Erinnerungen an die albanische Diktatur
"Der lange Atem der Angst" beschäftigt die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG.
Die albanische Schriftstellerin Lindita Arapi erinnert an die Praktiken des Staatssicherheitsdienstes Sigurimi während der Diktatur Enver Hodschas.
"Es reichten einfache Sätze wie 'Im Geschäft gibt es kein Öl', um in seine Fänge zu geraten. Verhöre in Geheimdienst-Zentren und öffentlicher Pranger waren nur der Anfang einer Geschichte von Drohung und Erpressung, Erniedrigung und Folter. Die Mittel der Repression reichten von Schlägen über das Eintauchen in Fäkaliengruben bis zum Unter-Achsel-Stecken von heißen Hühnereiern. Die Quälereien kannten keine Grenzen."
Dieser Tage ordnet ein Gesetz die Öffnung der Geheimdienst-Akten an – doch NZZ-Autorin Arapi bleibt skeptisch.
"Nach 25 Jahren Akten-Basar ist kein übertriebener Optimismus angebracht. Albaniens historisches Gedächtnis ist immer lückenhaft gewesen; zerrissen bleiben wird es so oder so."
Todesstreifen-Comedy
Das deutsche historische Gedächtnis auf lustige Weise bereichern, das will die ARD mit der Comedy "Sedwitz", die am Todesstreifen der innerdeutschen Grenze spielt.
"Die Grenze war nicht nur tödlich, sie war über die Länge ihrer Existenz auch lächerlich", erklärt der Drehbuchautor Stefan Schwarz in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG.
"Ihre Errichtung war ein Eingeständnis der Ohnmacht. Und darum sollte man auch über sie lachen. Ich habe nie geglaubt, dass man eine Sache dadurch ernster macht, indem man nicht über sie lacht. Im Gegenteil, man darf den Errichtern dieser Mauer nicht den Triumph lassen, sie nur als Schrecken zu umschleichen."
Zurschaustellung der Weltordnung
Die innerdeutsche Grenze gibt’s nicht mehr, dafür steht rund um Schloss Elmau, dem Schauplatz des kommenden G7-Gipfels, ein kilometerlanger Sicherheitszaun, für dessen Unversehrtheit durch aufmüpfige Demonstranten im Zweifel bis zu 25.000 Polizisten sorgen.
Unter dem Titel "Weltregierung im Hotel" konstatiert die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG:
"Zu Gipfeltreffen gehören immer Protestierende."
Gustav Seibt zieht Parallelen zur literarischen Bewegung "Junges Deutschland", die sich 1819 gegen die Zensur- und Überwachungsbestimmungen der sogenannten Karlsbader Beschlüsse wandte.
"Der Monarchenverbund der Heiligen Allianz war das Gesicht einer als unbefriedigend empfundenen, stationären Weltordnung, so wie es heute die Tagung der Staats- und Regierungschefs der stärksten Industrienationen ist. Die Zurschaustellung der Weltordnung generiert gleichzeitig auch ihre theatralische Bedrohung durch einen möglichst lautstarken Radikalismus. Im kollektiven Gefühlshaushalt gehört beides zusammen: das entspannte Schäkern vor Hotelkulissen einerseits und die schweißtreibende Schlacht am Sicherheitszaun andererseits."
Wir aber streichen die Segel, nicht ohne allen Verliebten vorzuschlagen: Flüstern Sie Ihrer Süßen doch mal das hübsche Heine-Zitat ins Ohr, das in der BERLINER ZEITUNG Überschrift wurde:
"Lieb Liebchen, legs Händchen aufs Herze mein."
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