Aus den Feuilletons

Europa in der Solidaritätskrise

Der CDU-Politiker Norbert Röttgen
Der CDU-Politiker Norbert Röttgen © picture-alliance / dpa / Sebastian Kahnert
Von Adelheid Wedel · 14.08.2015
In der "FAZ" erklärt CDU-Politiker Norbert Röttgen, warum die Rettung Griechenlands im Interesse Deutschlands liege. Die aktuelle Krise sei vor allem eine Krise der Solidarität.
"Diese Rettung" – gemeint ist Griechenland – "liegt im deutschen Interesse",
schreibt Norbert Röttgen in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG. Als Mitglied des Bundestags und Vorsitzender von dessen Auswärtigem Ausschuss weiß er, dass es ein Trugschluss ist anzunehmen,
"irgendeinem Mitglied der Währungsgemeinschaft den Euro zu nehmen. Der Euro ist unumkehrbar, allerdings nicht zerstörbar",
gibt er zu bedenken. Vor allem sei der Euro politisch unumkehrbar, so Röttgens, und weiter:
"Wie jede Währung ist der Euro ein rechtlich-politisch-kulturelles Gebilde, eine Realität, die einmal begründet, nicht mehr zur Disposition seiner Mitglieder steht. Unumkehrbarkeit aber heißt weder Fatalismus noch Laissez-Faire, noch ist sie ein Freibrief für politische Erpressung. Im Gegenteil. Hiermit beginnt die Politik."
"Die Krise hat die EU selbst verändert"
Und die vor ihr liegenden Aufgaben sind gewaltig.
"Die globale Finanzmarktkrise des Jahres 2008 hat in der Eurogemeinschaft und in Europa noch längst nicht überwundene Spuren hinterlassen. Die Krise hat die EU selbst verändert."
Röttgens führt aus:
"Es gibt Länder, die sich gut erholt haben und besser dastehen als je zuvor und solche, die so gebeutelt sind, dass sie nicht mehr hochkommen. Es gibt Gewinner und Verlierer, Gläubiger und Schuldner, und in der Folge einen neuen Interessen-Nationalismus unter Regierungen und einen neuen nationalen Populismus unter Bevölkerungen. Zusammengenommen bildet das ein toxisches Gemisch."
Die Diagnose fordert Ratschläge geradezu heraus. Röttgen gibt sie:
"Wenn diese Spaltungen und Konfrontationen bleiben, dann wird der nächste von außen kommende wirtschaftliche Schock, die nächste Blase, die platzt, ein Ereignis sein, dem gegenüber der Euro und Europa nicht mehr über ausreichende Widerstandkraft verfügen. Vor diesem Horizont sind die europäischen Entscheidungen in der griechischen Frage zu beurteilen. Im Kern haben wir es mit einer Krise der Solidarität zu tun, also des Fundaments, auf dem Europa gebaut ist."
Gedanken zum Jubiläum des Aufbauverlags
BERLINER ZEITUNG und die TAZ gehen auf das Jubiläum des Aufbauverlags ein, der vor 70 Jahren gegründet wurde und einer der wichtigsten Verlagshäuser der DDR war.
"Er konnte sich nach der Wende behaupten",
informiert Cornelia Geissler in der BZ.
Und "Wende, Konkurs, Neuanfang: der Aufbau Verlag hat eine lange Geschichte. Hat er auch eine Gegenwart?"
fragt Stefan Hochgesand in der TAZ.
Beide fast ganzseitigen Artikel geben darauf mit mannigfaltigen Beispielen Antwort, mit dem Beschreiben der Arbeitsweise von Lektoren und der Ankündigung neuer Bücher. Jene müssen umsetzen, wovon der Eigentümer, Matthias Koch, träumt:
"den Verlag mit wichtigen Büchern im Gespräch halten."
Und wie macht man das? Franziska Günther, seit 17 Jahren Lektorin beim Verlag, sagt:
"Die Schwierigkeit von Aufbau liegt darin, zu pflegen, was den Verlag tradiert, was auch seine Leser, die Buchhändler, das Feuilleton von ihm erwarten – aber es zugleich behutsam zu erneuern."
Die drei Säulen des Verlages
Auch weiterhin wird man sich dabei auf drei Säulen stützen:
"die Exilliteratur und mit ihr verbundene Autoren, das Erbe der DDR und die deutsche und internationale Gegenwartsliteratur."
Schanna Nemzowa, die Tochter des ermordeten Kreml-Kritikers Boris Nemzow, arbeitet seit einigen Tagen bei der Deutschen Welle, informiert die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG.
"Als Wirtschaftsjournalistin, die beim russischen Sender RBK moderierte und Interviews führte, fiel sie politisch nicht auf. Als Privatperson freilich, als Tochter des Opfers warf sie Putin vor, politisch für den Mord an ihrem Vater verantwortlich zu sein",
so stellt Matthias Hannemann die 31-Jährige vor. Sie selbst sagt von sich:
"Ich bin Journalistin, das ist mein Beruf."
Dieser Beruf sei in Russland kaum noch so auszuüben, wie er ausgeübt werden müsse. Ingo Mannteufel, der Leiter der Redaktion Russland und Europa, meint zuversichtlich:
"Für uns ist sie eine gute Journalistin."
Vielleicht geht so ihr Traum in Erfüllung: eine eigene Sendung. Lachend fragt sie den Reporter: Träumt davon nicht jeder, der unseren Job macht?
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