Aus den Feuilletons

Ein Mann mit tausend Berufen

04:24 Minuten
Charles Bukowski betankt seinen Wagen und blickt zum Betrachter.
Tankwart soll er auch gewesen sein: Der Schriftsteller Charles Bukowski wäre am 16. August 100 Jahre alt geworden. © Magnolia Pictures Courtesy Everett Collection / imago-images
Von Arno Orzessek · 14.08.2020
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Die "FAZ" und die "taz" widmen sich dem 100. Geburtstag von Charles Bukowski. In der "FAZ" wird die Chance genutzt, um mit ein paar Klischees über ihn aufzuräumen, während die "taz" die Bukowski-Sonderausgabe eines Literaturmagazins bespricht.
Machen wir es heute mal künstlich spannend! Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG erinnert an einen Schriftsteller, der an diesem Sonntag 100 Jahre alt geworden wäre. Wissen – oder erraten – Sie, um wem es geht, wenn wir Ihnen mit der FAZ all die Jobs aufzählen, die der Gesuchte laut Selbstauskunft ausgeübt hat?
"Er hat im Schlachthaus gearbeitet, in einer Hundefutterfabrik, als Trucker, Redaktionsbote, Plakatierer, Baumwollpflücker, Tomatenpflücker, Lagerarbeiter, Tankwart und Postbote, und außerdem habe er sich, nun ja, 'von Nutten aushalten lassen'. Vier Jahre später, 1964, schreibt er einem Schriftstellerkollegen, er sei auch Tellerwäscher gewesen und Penner und 'Kokosnuss-Mann in einer Keksfabrik', was immer das gewesen sein könnte, außerdem Würfelspieler und Pferdezocker."

Bukowski war kein Schlaffi und Herumhänger

Richtig, die Rede ist von Charles Bukowski – und der FAZ-Autor Paul Ingendaay räumt gleich mal mit ein paar Bukowski-Klischees auf: "Der spätere Bukowski war kein Schlaffi und Herumhänger, obwohl er das Säufer-Image ebenso kultivierte wie die Halbwelt-Aura, in der seine Bücher spielen. Nein, dieser Mann hörte klassische Musik und trank Bier dazu, und auf seine Weise war er viel ernsthafter als andere, die nur so aussahen."


Die TAGESZEITUNG bespricht unter der Überschrift "Zum Geburtstag was Heftiges" die Bukowski-Sonderausgabe des Berliner Magazins "Drecksack – Lesbare Zeitschrift für Literatur". Darin kann man ironischerweise auch nachlesen, was Bukowskis selbst von solchen Heften hielt:
"Literaturmagazine sind wie eine Dose Thunfisch. Und hat man das Zeug mal verdaut, ist es schnell wieder vergessen. Die meisten dieser Magazine werden von verzweifelten jungen Männern oder alten Lesben herausgegeben. Aber was verstehen die von Kunst? Genau. Gar nichts."
Oha, lieber Charles im Grabe! Würdest Du noch leben, gäb’s für solche Sprüche Senge! Nun aber Unverfängliches.

Siegerentwurf für das Berliner Exilmuseum gekürt

"Eine imposante Kurve aus ziegelsteinverkleidetem und gläsern durchbrochenem Beton soll mit ihrem baulichen Schwung künftig einen der geschichtsträchtigsten Plätze Berlins neu markieren", heißt es im Berliner TAGESSPIEGEL über den siegreichen Entwurf der dänischen Architektin Dorte Mandrup für das künftige Museum des Exils am Askanischen Platz.
Peter von Becker erklärt, was es mit diesem Ort auf sich hat: "Bisher steht am Askanischen Platz nur die Backsteinruine jenes Portals, das vor 1945 der Eingang zum Anhalter Bahnhof war. Der Bahnhof glich als riesiger steinerner und gusseiserner Hallenbau aus dem späten 19. Jahrhundert einer Kathedrale der Neuzeit. Ab 1933 sind viele Prominente (wie Bert Brecht) und zehntausende weniger oder gar nicht mehr bekannte Menschen von dort ins Exil ausgereist. In ein neues Leben oder auch in den Tod. Ab 1942 begannen vom Gleis 1 auch die Deportationszüge in die Konzentrationslager zu rollen."
In der Tageszeitung DIE WELT betont die Literaturnobelpreisträgerin Herta Müller, eine Schirmherrin des Projekts:
"Das Besondere der Ortslage ist, dass diagonal gegenüber im Deutschlandhaus das 'Dokumentationszentrum Flucht, Vertreibung, Versöhnung' entsteht. Die Vertreibung aus Deutschland hinaus ins Exil, und die Vertreibung nach Deutschland hinein am Ende des Krieges sind ja zwei Facetten, die zusammengehören. Unser Wortgebrauch ist übrigens bezeichnend: Als Heimatvertriebene gelten nur die Deutschen aus den ehemaligen Ostgebieten – als ob die Emigranten nicht auch aus ihrer Heimat vertrieben wurden. Ohne die erste Vertreibung wäre die zweite gar nicht passiert."
Herta Müller in der WELT.

Republikanergruppe will Trumps Wiederwahl verhindern

Kurz ein Blick über den Atlantik. In der FAZ berichtet Nina Rehfeld über die massiven Anti-Trump-Kampagnen, die nicht etwa von Demokraten, sondern von Republikanern gestartet werden. Darunter das "Lincoln Project": 83 Videobotschaften, die so eindeutig sind wie die Ansage der Unterstützer in der NEW YORK TIMES:
"Patriotismus und das Überleben unserer Nation sind angesichts der Verbrechen, der Korruption und des zersetzenden Wesens von Donald Trump ein höheres Anliegen als bloße Politik."
Das war’s. Wir verabschieden uns mit einem schönen Bekenntnis des Comiczeichners Ralf König, das in der TAZ Überschrift wurde: "Wenn ich nicht'n bisschen erotisiert bin, geht's mir auch nicht gut."
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