Aus den Feuilletons

Die Corona-WG des ORF

04:19 Minuten
Ein Bett in einem kargen Raum.
Seit Dienstag wohnt ein Teil der Belegschaft des ORF in den Redaktionsräumen des Senders. Im Bild ist die Schlafstelle des Moderators Armin Wolf zu sehen. © Armin Wolf / Twitter
Von Klaus Pokatzky · 29.03.2020
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Corona ist trotz Krise auch eine Zeit der Solidarität, liest man in den Feuilletons: Bürger setzen sich füreinander ein, der Staat will selbstständigen Künstlern helfen und Mitarbeiter des ORF rücken zur WG zusammen.
"Kultur ist Ausdruck von Humanität." Das lesen wir in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG. "Gerade die Kultur behauptet in der Krise ihren existenziellen Stellenwert", sagt Kulturstaatsministerin Monika Grütters im Interview. In Zeiten von Corona können aber auch Existenzen in der Kultur vernichtet werden.
Der normale Künstler ist ein Freiberufler, der finanziell abhängig ist von Engagements – und von denen bleibt jetzt kaum eines übrig. "Wie viele Kultur- und Kreativschaffende betroffen sind, zeigen die Zahlen aus der Branche: 256.000 Unternehmen, 1,2 Millionen Kernbeschäftigte", erläutert Monika Grütters jetzt die Dimensionen.

"In Krisenzeiten lernt der Mensch"

Eine Soforthilfe in Höhe von 50 Milliarden Euro für Kleinstunternehmen und Solo-Selbständige soll helfen. "Sänger, Musiker, Maler oder Tänzer können jetzt einfacher an eine Grundsicherung kommen. Da reicht eine Selbstauskunft, dass keine erheblichen Vermögenswerte im Hintergrund schlummern. Dieser Auskunft vertraut der Staat." Und wir vertrauen dann jetzt erst einmal dem Staat.
"In Krisenzeiten lernt der Mensch", ermutigt uns die Tageszeitung TAZ. "Ob die Coronakrise den Neoliberalismus gekillt haben mag, wie jetzt überall gejubelt wird, wird sich zeigen", meint Ingo Arend. "Unübersehbar hat sie deutlich gemacht, dass Solidarität heute etwas ist, worauf alle angewiesen sind." Und dabei geht es natürlich nicht nur um solidarische Hilfe des Staates – dabei geht es um Solidarität unter Nachbarn, wenn da jemand zu alt und zu schwach zum Einkaufen ist.

Den Sendebetrieb aufrechterhalten

"Die Veränderungen, die wir erleben, sind dramatisch", steht in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG. "Doch diese Dramatik breitet sich nicht ungefiltert im Alltag aus", schreibt die Soziologin Teresa Koloma Beck. "Insbesondere wo Menschen Verantwortung für andere tragen, entwickelt sich oft rasch ein Gefühl dafür, dass es der Verunsicherung etwas entgegenzusetzen gilt."
Und das kann die Verantwortung für die Nachbarn sein; das kann überraschende Kreativität sein, wenn es um unseren Beruf geht. "68 Angestellte des ORF wohnen aktuell in den Redaktionsräumen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Österreich", erfahren wir aus der TAZ. "So soll auch in Zeiten von Corona der Sendebetrieb aufrechterhalten werden können."

Opernhäuser und Konzertsäle öffnen ihre Archive

Und endlich einmal können wir über das Internet fast nur glücklich sein. "In den vergangenen zwei Wochen sind Streaming-Angebote in einer Fülle aus dem Boden geschossen, die fast schon so unüberschaubar ist wie davor die Zahl der Konzerte und Opernaufführungen", heißt es in der SÜDDEUTSCHEN. "Viele Opernhäuser und Konzertsäle haben ihre Archive geöffnet und machen ungeahnte Raritäten zugänglich", zieht Michael Stallknecht eine erste Bilanz. "Viele Musiker streamen auch einfach selbst von daheim in die sozialen Netzwerke."
Zum gesunden Geist passt ein gesunder Körper. "Überall gibt es Grundschulkids, die spielerische Übungen machen wollen", sagt Henning Harnisch, "oder Teenies, die gerne Yoga machen wollen". Und so bietet der Basketballclub Alba Berlin YouTube-Clips für den Wohnzimmersport vor dem Bildschirm. "Wir geben in den Videos Bewegungstipps, zugleich wollen wir Wissen über den eigenen Körper und Schulwissen vermitteln", erzählt Alba- Vizepräsident Henning Harnisch im Interview der TAZ.
"Unsere Vereinstrainer unterrichten in den Bildungseinrichtungen mit den Sportlehrern und Erziehern zusammen. Die Inhalte vermitteln wir nun eben digital." Und das mit bis zu 1,3 Millionen Klicks: hilfreich nicht nur für Kids und Teenies – sondern auch für ihre Eltern und Großeltern und Nachbarn.
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