Aus den Feuilletons

Das Kind des Jahres

04:21 Minuten
Gitanjali Rao bei einer Veranstaltung im UNO-Hauptquartier im April 2018
Gitanjali Rao ist das erste "Kind des Jahres". © picture alliance / Luiz Rampelotto / EuropaNewswire
Von Klaus Pokatzky · 04.12.2020
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Gitanjali Rao ist erst 15 Jahre alt und schon weltberühmt. Die Jungforscherin aus den USA hat es aufs Cover des "Time Magazine" geschafft. Kinder kommen in den Feuilletons viel zu wenig vor, deshalb beantwortet die "taz" nun ihre Fragen.
"Das US-Magazin 'Time' hat mit der 15-jährigen Jungforscherin Gitanjali Rao erstmals in seiner Geschichte ein 'Kind des Jahres' gekürt." Das lesen wir im Berliner TAGESSPIEGEL. "Das Magazin, das alljährlich eine 'Persönlichkeit des Jahres' ausruft, würdigt den Teenager aus dem US-Bundesstaat Colorado damit für Entwicklungen etwa für sauberes Trinkwasser, den Kampf gegen Drogenabhängigkeit und gegen Online-Mobbing."


Kinder kommen in den Feuilletons viel zu wenig vor. "Anfang November wollten wir von Kindern wissen, welche Fragen ihnen zurzeit unter den Nägeln brennen", will jetzt aber wenigstens die Tageszeitung TAZ das Altersdefizit angehen. "Carla ist zehn und möchte wissen, wie Filme gedreht werden" – eine Frage, die sich auch mancher Erwachsene stellen dürfte. "Wenn viele Menschen zusammenarbeiten, muss die Chemie stimmen", erklärt nun Linh Tran. "Am Filmset kann es hektisch werden. Egal, wie gut alles organisiert ist, irgendwas geht immer schief."

Sex(ismus) als Kultur

Und was die zehnjährige Carla unbedingt noch wissen sollte: "Frauen sind in der Filmbranche gegenüber Männern deutlich im Nachteil." Das erfahren wir aus der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG. "Wie der Evangelische Pressedienst meldet, sind demnach im Bereich Regie deutlich mehr Männer (rund 62 Prozent) als 'Experten' angestellt als Frauen (knapp 38 Prozent)." Aber, wenn Carla erwachsen ist, sind es ja vielleicht schon ein paar Prozent mehr. Und jetzt hören hoffentlich nur noch Erwachsene zu.
"Die Angst überwiegt beim Sex, dieser heftigen Erfahrung", steht nämlich in der Tageszeitung DIE WELT. "Sex ist nicht der Überfall des Tigers; es ist die seltsame Mischung aus Unerwartetem und Vertrautem", sagt die Philosophin Bettina Stangneth über "Sex als Kultur" im Interview: "Unsere Kultur warnt gern, sich damit nicht zu viel zu beschäftigen." Deshalb hören wir damit auch lieber wieder auf.

Keine Angst vor langweiliger Computermusik

"Der Pop hat vielen Menschen eine Stimme gegeben, die nie gehört worden wären", steht – wieder ganz kindertauglich – im TAGESSPIEGEL. "Pop stärkt Frauen, Schwarze und Homosexuelle", findet die Philosophin und Popmusikerin Agnès Gayraud im Interview. Doch "bald schon könnte es Computer geben, die perfekte Hits schreiben", wirft Interviewer Hannes Soltau einen düsteren Blick auf zukünftige Musikergenerationen.
"Es wäre traurig, wenn Menschen nicht mehr die schöneren Lieder schreiben", meint Agnès Gayraud. "Aber selbst in Algorithmen fließt viel Menschliches ein. Der Computer müsste schließlich erlernen, was wir mögen. Ich habe Lieder gehört, die von Künstlicher Intelligenz komponiert wurden: langweiliger, kompakter Mainstream. Lokale, künstlerische Dynamiken können nicht von Algorithmen abgebildet werden."

Es werden wieder mehr Bücher gelesen

Und gute Bücher können Computer sowieso nicht schreiben. "So ein Jahr hatte der Buchhandel noch nie", erfahren wir aus der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG, die bei etlichen Verlagen nachgefragt hat, wie diese Corona bewältigt haben. "Die Zahlen, die insgesamt für den deutschen Buchmarkt erhoben werden, zeigen: Der dramatische Rückgang im Frühjahr ist inzwischen beinahe wieder ausgeglichen", lautet die tröstliche Bilanz. "Selbst in der Krise setzte sich im prosperierenden Kinder- und Jugendbuch der Aufschwung der vergangenen Jahre fort, und im ersten Halbjahr 2020 betrug das Umsatzwachstum in diesem Segment gegenüber dem Vorjahreszeitraum 3,6 Prozent."
Kinder sollten einfach viel mehr in den Feuilletons vorkommen.
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