Aus den Feuilletons

Das Eigentor in der Nachttischlampe

Ein junger Mann spielt mit einem Minifussball zwischen zwei Bierflaschen
Ein junger Mann spielt mit einem Minifussball zwischen zwei Bierflaschen © imago stock&people
Von Klaus Pokatzky · 13.06.2018
Schlaue Ratschläge, um die Leselust des Nachwuchses anzuregen, Fußballweisheiten von Daniel Kehlmann und eine philosophische Einrichtungslogik bieten "Zeit" und "FAZ" pünktlich zur WM. Und die "taz" präsentiert einen berühmten Basketballer, der erzählt, wie Schule riecht.
"Der Buchhandel ist in der Krise", heißt es in der Wochenzeitung DIE ZEIT unheilverkündend. "Der Umsatz stagniert seit fünfzehn Jahren bei mehr oder weniger neun Milliarden Euro", schreibt Iris Radisch. "Doch die Ruhe ist trügerisch: In Wahrheit sind dem deutschen Buchhandel in den vergangenen drei Jahren rund sechs Millionen Leser abhandengekommen."
Und da tut der Börsenverein des deutschen Buchhandels natürlich alles, was er kann, damit vor allem bei den Jüngeren neue Leser gewonnen werden und wollte von der Gesellschaft für Konsumforschung wissen, wie das denn gehen könnte. "Buchhandlungen", bilanziert Iris Radisch die Vorschläge, "sollten den Kunden das Lesen unter anderem mithilfe von Kissen, Sofas, Kaminen, Wasserspielen oder Beach-Dachterrassen erleichtern. Kaffee-, Yoga- oder Friseurangebote sollten Schwellenängste beseitigen. Verlage sollten Buchpremieren an besondere Orte, etwa eine Justizvollzugsanstalt, ein Langstreckenflugzeug oder ein Kreuzfahrtschiff verlegen." Und warum nicht gleich ins Fußballstadion?

Eine Regel aus dem FAZ-WM-Ein-mal-Eins: Fußball leuchtet

"Fußball ist eines der wenigen einheitsstiftenden Elemente in einer immer stärker zersplitterten Gesellschaft", lesen wir in einem anderen Artikel in der ZEIT. "Fußball ist wesentlich dafür da, dass jeder mit jedem ein Gesprächsthema hat", findet der Schriftsteller Daniel Kehlmann. "Wer sich also von diesem Sport distanziert, leugnet gleichsam, dass unsere Gesellschaft noch eine Einheit ist, er spaltet sich ab, er vereinzelt sich, er erzeugt schlechte Laune."
Und literarisch schöner lässt sich kaum die Fußball-Weltmeisterschaft ankündigen, die ab Donnerstag in Russland über den Rasen geht. Das schafft allenfalls noch Jan-Christoph Hauschild. "Fußball allein macht nicht glücklich", meint er in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG, "aber wenn Musik der Liebe Nahrung ist, dann ist Fußball halt das Nachttischlämpchen dazu."

Über Schüler und ihre heutigen Fragen zum Holocaust

Verweilen wir noch ein wenig in der Welt der Literatur und des gedruckten Buches – da ist's so schön. "Mein neuer Traum ist es, 96 zu werden, und das Buch fertigzuschreiben, an dem ich gerade arbeite. Oder sagen wir: 95 einhalb", das erzählt zu ihrem 95. Geburtstag an diesem Donnerstag die Schriftstellerin Judith Kerr, deren Familie sich durch die Flucht vor den Nationalsozialisten retten konnte. Berühmt wurde sie bei uns 1971 durch ihr autobiographisch geprägtes Jugendbuch "Als Hitler das rosa Kaninchen stahl" - eine Pflichtlektüre immer noch an deutschen Schulen. "Jetzt habe ich zum ersten Mal einen Brief von einem Schüler bekommen, in dem stand: 'Eigentlich fand ich das Buch ein bisschen langweilig. Tut es Ihnen jetzt nicht leid, dass Sie damals weggegangen sind?'", erzählt Judith Kerr im Interview mit der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG, wie sich Schülergenerationen im Laufe von Jahrzehnten ändern können: "Dieses Unverständnis hat mich schon überrascht. Wenn ich nicht weggegangen wäre, wäre ich tot, und das wird in dem Buch auch ganz klar."

Ein Basketballer und seine Begegnung mit dem Schuldirektor

Dann machen wir uns doch 'mal auf in eine Grundschule. "Mittlerweile kann ich manch Schule sogar (er)riechen, diesen olfaktorischen Reizmix aus Zootier, das in sauerstoffarmen Räumen gehalten wird, Kantinenküche und Putzmittel." Das erzählt in der Tageszeitung TAZ Henning Harnisch, der ehemalige Basketballnationalspieler und Vizepräsident von Alba Berlin. Jede Woche besucht er mehrfach Schulen und spricht dort über Projekte rund um Sport und Basketball. "Der für mich perfekte Schulleiter unterrichtet die Fächer Sport und Mathematik, hat den Sportfachbereichsleiter beim Gespräch dabei, bietet Filterkaffee an, schreibt das Wichtige mit und hat einen Strauß Blumen auf seinem Tisch stehen." - Und das riecht auch besser als Zootier und Putzmittel.
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