Aus den Feuilletons

Brennpunkt Büro

04:06 Minuten
Historische Aufnahme eines Großraumbüros
"Das Büro wird der Mittelpunkt der Identität und Kultur einer Organisation bleiben." © picture alliance/imageBROKER
Von Gregor Sander · 05.05.2020
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Homeoffice hat zwar durchaus gute Seiten. Aber eigentlich müssen wir zurück ins echte Office: "Das Büro erfüllt eine Rolle als sozialer und kooperativer Brenn- und Knotenpunkt", sagt die Büro-Gestalterin Sevil Peach in der NZZ.
In Zeiten, in denen die Kanzlerin Lockerungsorgien befürchtet, bei denen es eigentlich um Grundschulbesuche geht, einem der maskierte Besuch in einem Schreibwarenladen schon lebensgefährlich vorkommt und man Kulturveranstaltungen fast ausschließlich im Internet besuchen muss, wünscht man sich doch einen Blick in die Zukunft.

Das Büro als Mittelpunkt

Weiß irgendwer, wo das alles hinführt? Wir schauen in die Glaskugel der Feuilletons: "Es wird weiterhin Büroräume geben", verspricht schon in der Überschrift die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG und viele, die seit Neuestem am Wohnzimmertisch ihr Tagwerk verrichten, atmen vermutlich auf.
Allerdings führt Sevil Peach, die im Interview als "eine der weltweit führenden Designerinnen von innovativen Büroräumen" vorgestellt wird, erst einmal gute Gründe für die Heimarbeit an:
"In London könnte man ohne weiteres mehrere Stunden pro Tag auf dem Weg zur und von der Arbeit verbringen: Daraus ergeben sich nicht nur zeitliche, sondern auch gesundheitliche Argumente. Aber die bei weitem wichtigsten sind die ökologischen Gründe", so Peach. Doch obwohl der Kohlendioxidausstoß durch den Weg zur Arbeit steigt, fallen ihr dafür Argumente ein:
"Das Büro wird der Mittelpunkt der Identität und Kultur einer Organisation bleiben. Wir sind soziale Wesen, und das Büro erfüllt eine Rolle als sozialer und kooperativer Brenn- und Knotenpunkt", so Peach, und wir freuen uns mit ihr schon auf den nächsten Plausch mit realen Kollegen neben der blubbernden Bürokaffeemaschine. Natürlich bringen wir den Kaffeebecher mit. Versprochen!

Homeoffice auf Long Island

Als politischer Wahrsager gibt sich Daniel Kehlmann in der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG zu erkennen: "Ich glaube, Trump wird bald Geschichte sein", behauptet er und erklärt das so:
"Es werden wirtschaftlich sehr schwere Zeiten auf Amerika zukommen, aber ich bin optimistisch, dass Trump im November verlieren wird, weil sich jetzt auch vielen Anhängern vermittelt, was für ein katastrophaler Präsident er ist."
Sein Homeoffice beschreibt der inzwischen in Amerika lebende Schriftsteller im Interview so:
"Meine Frau, mein Sohn und ich haben New York City Mitte März verlassen und ein kleines Haus in der Nähe des Meeres gemietet, in Montauk auf Long Island. Wir gehen viel am Strand spazieren. Und ich komme mehr zum Lesen und auch mehr zum Schreiben."
Gut, so könnte man das Homeoffice natürlich fast schon mit einem Urlaub verwechseln, aber bei uns sollen ja nun auch bald wieder Ostseebesuche für jeden möglich sein, und wir wollen nicht klagen.

Hoffnung auf Verschiebung der Biennale

"Man muss jetzt alles anders denken", fordert auch Yilmaz Dziewior in der SZ und meint damit nicht, sich Usedom als Long Island vorzustellen. Der Direktor des Kölner Museums Ludwig wird im nächsten Jahr den deutschen Pavillon der Biennale von Venedig kuratieren, aber sein Blick in die Zukunft reicht coronatechnisch eigentlich ein Jahr weiter, denn er habe "die stille Hoffnung, dass die Architektur-Biennale auf 2021 verschoben wird und die Kunst-Biennale auf 2022."
Auch die aktuell angesagte Flucht ins Nationale würde er im deutschen Pavillon gern überwinden: "Die Erwartung, dass ich als ‚deutsch-polnisch-türkischer’ Kurator nun unbedingt einen türkischen oder polnischen Künstler auswählen muss. Das wäre sicherlich eine Reaktion auf die neue Betonung des Nationalen. Aber wäre das die Beste? Sicherlich nicht, wenn es sich als Statement darauf beschränkt", so Dziewior.

Karneval soll auch 2021 stattfinden

Vielleicht wird ja die Biennale in Venedig verschoben, der Rheinische Karneval hingegen ist offensichtlich nicht verhandelbar, teilt Patrick Bahners in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG mit. Er hat die Videoschalte der Festkomiteepräsidenten aus Köln, Düsseldorf, Bonn und Aachen belauscht.
"Es sei ‚sicher, dass es auch im kommenden Jahr eine Fastelovends-Session', also Karnevalszeit, 'geben muss und wird’, teilte der Kölner Präsident Christoph Kuckelkorn mit, als Eigentümer eines über fünf Generationen vererbten Bestattungsunternehmens ein schicksalsgeprüfter Sachverständiger für letzte Gewissheiten."
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