Atomeinigung mit Iran

Ende der politischen Eiszeit

Nach der Atomeinigung: (von rechts) US-Außenminister Kerry, der britische Außenminister Philip Hammond, Russlands Außenminister Sergej Lawrow, Ali Akhbar Salehi und der iranische Außenminißter Mohammed Dschawad Sarif.
Nach der Atomeinigung: (von rechts) US-Außenminister Kerry, der britische Außenminister Philip Hammond, Russlands Außenminister Sergej Lawrow, Ali Akhbar Salehi und der iranische Außenminißter Mohammed Dschawad Sarif. © picture alliance / dpa / Herbert Neubauer
Von Ralf Borchard · 14.07.2015
Der Atomstreit mit dem Iran ist beigelegt. Die beteiligten Staaten erzielten heute in Wien eine Einigung, wie am Morgen aus westlichen Diplomatenkreisen verlautete. Wenn der US-Kongress dem Vertrag zustimmt, bedeutet er das Ende der politischen Eiszeit zwischen Iran und USA.
"Deal done" - der Vertrag steht. Als diese entscheidenden Worte von amerikanischen und iranischen Diplomaten um kurz nach acht Uhr heute früh im Verhandlungshotel in Wien die Runde machten, war klar: Nach 18 Tagen und Nächten fast ununterbrochener Verhandlungen ist das Atomabkommen doch noch unter Dach und Fach. Als einer der ersten reagierte der Chef der Internationalen Atomenergiebehörde, Yukiya Amano auf die Einigung. Die IAEA soll bei der Kontrolle iranischer Atomanlagen die entscheidende Rolle spielen:
"Dies ist ein wesentlicher Schritt vorwärts, um offene Fragen mit Blick auf das iranische Atomprogramm zu klären."
Die vorsichtige Formulierung Amanos macht deutlich: Noch ist das von den Außenministern in Wien unterzeichnete Abkommen nur ein Fahrplan, ob er funktioniert, muss sich noch zeigen.
Der einhundert Seiten lange Vertrag mit fünf ausführlichen technischen Anhängen soll die Entwicklung iranischer Atomwaffen ausschließen, dabei Iran die zivile Nutzung der Nukleartechnologie weiter ermöglichen. Die bestehenden Sanktionen gegen Iran sollen schrittweise aufgehoben werden. Wenn der US-Kongress dem Vertrag zustimmt, bedeutet er zudem das Ende der politischen Eiszeit zwischen Iran und USA, die 1979 mit der Geiselnahme in der US-Botschaft in Teheran begonnen hatte. Der amerikanische Iran-Experte Trita Parsi, der die Verhandlungen in Wien verfolgt hat, sagt:
"Die USA hoffen vor allem mit Blick auf IS, den Islamischen Staat, und andere dschihadistische Gruppen in der Region, dass Iran infolge des Atomabkommens stärker kooperiert. Diese Dinge werden nicht schnell passieren, es wird weiter Misstrauen und Vorsicht geben, aber die Möglichkeit, diese Dinge auszuloten, wird nun da sein."
Auch die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini betonte in einer ersten Reaktion in Wien:
"Die heutige Entscheidung betrifft nicht nur das Atomprogramm des Iran. Es geht um sehr viel mehr. Diese Entscheidung kann ein neues Kapitel in den internationalen Beziehungen aufschlagen und zeigen, dass Diplomatie und Kooperation jahrzehntelange Spannungen überwinden können."
Sanktionen fallen nicht sofort
Der Iran selbst hofft vor allem auf ein Ende der Wirtschaftskrise, wenn das Öl-Embargo fällt und das Land wieder Zugang zu eingefrorenen Geldern bei ausländischen Banken hat. Die Sanktionen sollen allerdings nicht sofort fallen, sondern erst, nachdem der US-Kongress das Abkommen ratifiziert und die Kontrolleure der Internationalen Atomenergiebehörde bestätigt haben, dass Iran wirklich kooperiert. Der iranische Außenminister Mohammed Dschawad Zarif:
"Ich denke, dies ist ein historischer Moment. Wir haben ein Abkommen erreicht, dass für niemanden perfekt ist. Aber es ist das, was wir erreichen konnten. Und es ist eine wichtige Errungenschaft für alle von uns."
Sobald der Vertragstext veröffentlicht ist, wird die Analyse beginnen - und vor allem die Gegner eines Abkommens in den USA, im Iran selbst, aber auch in Israel und etwa in Saudi-Arabien werden nach Stolpersteinen suchen, die den Atomvertrag auf dem schwierigen Weg der Ratifizierung noch zu Fall bringen können.
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