Asylbewerber

Was tun mit den Flüchtlingen in Deutschland?

Dossier Flüchtlinge: Eine Hand greift an einen Zaun
Ein Asylbewerber am Eingang zu Mecklenburg-Vorpommerns zentraler Erstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge in Horst. © picture alliance/dpa
Moderation: Klaus Pokatzky |
In diesem Jahr werden 450.000 Flüchtlinge in Deutschland erwartet. Wo sollen sie unterkommen, wie stark wollen wir sie integrieren? Darüber diskutieren wir mit dem CDU-Politiker Martin Patzelt und dem Migrationsforscher Hannes Schammann.
Noch nie waren weltweit so viele Menschen auf der Flucht wie derzeit: 60 Millionen. Dementsprechend ist auch die Zahl der Flüchtlinge in Deutschland gestiegen: In diesem Jahr werden 450.000 erwartet - doppelt so viele wie 2014. In der Statistik des Flüchtlingshilfswerks UNHCR liegt Deutschland auf Platz zwei der Asylländer. 2014 beantragten mehr als 170.000 Flüchtlinge erstmals Asyl - fast 60 Prozent mehr als im Vorjahr.
Wie sollen wir mit den Flüchtlingen umgehen? Wo sollen sie unterkommen, wie stark wollen wir sie integrieren? Wie willkommen sind Flüchtlinge in Deutschland?
"Wenn sich nur 0,1 Prozent der Bewohner in Deutschland dazu bereit erklären würden, Flüchtlinge aufzunehmen – freiwillig natürlich – dann wäre schon 80.000 Flüchtlingen geholfen." Mit dieser Aufforderung sorgte der CDU-Politiker Martin Patzelt im vergangenen Jahr für Schlagzeilen. Dabei ist der ehemalige Oberbürgermeister aus Frankfurt/Oder selbst mit gutem Beispiel vorangegangen: Er hat bereits mehrfach Flüchtlinge aufgenommen. Demnächst ziehen zwei junge Männer aus dem ostafrikanischen Eritrea in sein Haus.
"Der eine gibt Geld, der andere unterrichtet Deutsch"
Der Bundestagsabgeordnete hat für seinen Vorstoß mehr Kritik als Anerkennung erhalten - auch aus seiner eigenen Partei. Dennoch wirbt er weiter für einen direkteren Kontakt zwischen der Bevölkerung und den Asylsuchenden: "Ich habe einen Wahlspruch: 'Jeder tut, was er kann und steckt den anderen an.' Der eine gibt Geld, der andere unterrichtet Deutsch."
Dabei will er nicht als naiver Gutmensch missverstanden werden: "Alle, die keine Asylgründe haben, müssen konsequent abgeschoben werden. Ich bin Politiker und habe eine Verantwortung für das Mögliche und Machbare - und den Frieden in der Gesellschaft. Aber wir alle haben auch die Möglichkeit, etwas privat zu tun."
"Flüchtlingszuwanderung vollzieht sich in Wellen", sagt Hannes Schammann, Juniorprofessor für Migrationspolitik an der Universität Hildesheim. "Wir brauchen uns nicht einzubilden, wir könnten die Asylmigration steuern - das funktioniert nicht, im Gegensatz zur Arbeitsmigration."
Die Bevölkerung vor Ort frühzeitig einbinden
Der Wissenschaftler fordert mehr "flexible Lösungen" im Umgang mit Flüchtlingen: "In Hildesheim gibt es einen Teilzeitbeschäftigten, der sich nur um die Beschaffung von Wohnraum kümmert. Sammelunterkünfte werden nicht - wie in vielen anderen Städten - von Wach- und Schließgesellschaften überwacht, sondern von einem freien Träger, der stärker sozial-pädagogisch rangeht." Wann immer möglich, würden Flüchtlinge dezentral in Wohnungen untergebracht, dies entspanne die Situation. Die Hildesheimer Universität stehe auch Asylsuchenden offen, soweit sie die nötigen Voraussetzungen mitbringen.
Ähnlich regelt es auch die Stadt Münster: Hier wurden eigens für Flüchtlinge neue Wohnheime errichtet, die später für Nichtflüchtlinge geöffnet werden können, sollte der Bedarf wieder zurückgehen. Solche Lösungen kämen auch den finanziell strapazierten Kommunen zugute. Wichtig sei zudem, die Bevölkerung vor Ort so früh wie möglich einzubinden und freiwillige Helfer ausreichend vorzubereiten.

Was tun mit den Flüchtlingen in Deutschland? Darüber diskutiert Klaus Pokatzky am Samstag von 9.05 Uhr bis 11 Uhr mit Martin Patzelt und Hannes Schammann.

Hörerinnen und Hörer können sich beteiligen unter der Telefonnummer 00800 2254 2254, per E-Mail unter gespraech@deutschlandradiokultur.de sowie über Facebook und Twitter.
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