Arjan Postma: „Wie eine verrückte Ameise die Welt verändern kann"

Was Menschen von Tieren lernen können

06:55 Minuten
Das Cover des Buches von Arjan Postma, „Wie eine verrückte Ameise die Welt verändern kann". Das Cover zeigt unterhalb des Autorennamens den Titel und darunter die Zeichnung eines Bären, der einen Bierkrug in der Hand hält.
© Knesebeck

Arjan Postma

Übersetzt von Janine Malz

Wie eine verrückte Ameise die Welt verändern kann – und andere erstaunliche Gemeinsamkeiten zwischen Mensch und TierKnesebeck, München 2022

224 Seiten

20,00 Euro

Von Susanne Billig · 06.05.2022
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Manche Ameisen warten nicht auf grünes Licht von oben, sondern fangen einfach an, die Welt zu verändern – mit erstaunlicher Wirkung. Der niederländische Förster Arjan Postma sucht und findet eine beachtliche Nähe zwischen Mensch und Tier.
Wer keine Lust hat zu kochen, lässt das im Restaurant andere für sich tun. Nicht anders machen es Wölfe: Eigentlich Fleischfresser, schätzen sie ein wenig Gemüse, können es aber selbst schlecht verdauen. Wenn ein Wolf einen großen Pflanzenfresser gerissen hat, nimmt er sich keineswegs dessen Fleisch zuerst vor. Genüsslich öffnet er den Darm und lässt sich das vorverdaute Gemüse schmecken.
In seinem neuen Buch „Wie eine verrückte Ameise die Welt verändern kann“ erzählt der niederländische Förster und Moderator Arjan Postma aus der Welt der Tiere. Ob sprechende Kohlmeisen, Jungwölfe auf Bildungsreise, Pinguin-Kindergärten oder Häsinnen, die mit vielen Verehrern gleichzeitig jonglieren und sie dabei alle austricksen – Arjan Postma kennt die Highlights der Biologie und Verhaltensforschung und weiß flott und angenehm persönlich davon zu erzählen.

Tierwelt und menschlichen Marotten

In den 24 Kapiteln seines Buches deckt er ein breites Themenspektrum ab: Sinnesleistungen, Architektur, psychologische Manipulation, Werkzeuggebrauch, Sexualität und sogar Kriegsführung sind dabei.
Hemmungslos schlägt der Autor Brücken zwischen Tierwelt und menschlichen Marotten. Das gelingt mal mehr und mal weniger originell. Dass das Sozialleben der Präriewühlmäuse die Forschung auf das Kuschelhormon Oxitocin aufmerksam gemacht hat, sich gleichgeschlechtlicher Sex im Tierreich weit verbreiteter Beliebtheit erfreut oder die Natur ein riesiges Recylingsystem darstellt, wird wenige Leserinnen und Leser überraschen.
Doch die titelgebende verrückte Ameise ist tatsächlich ein Augenöffner: In jedem Ameisenvolk, so der Autor, gibt es seltene Individuen, die nicht wie die anderen stur nach Instinkt handeln. Sie weichen von den Geruchspfaden ab, büxen zu möglichen neuen Futterquellen aus und können sogar dafür sorgen, dass ein ganzer Ameisenstaat umzieht, obwohl alle anderen zunächst dagegen sind.

Wenn eine Ameise aus der Rolle tanzt

Im Instinktprogramm der gemeinen Ameise kommt so etwas Verwegenes wie ein Umzug schlicht nicht vor, wenn die Bedingungen des Nestes noch optimal scheinen.
Doch die verrückte Ameise spürt, wenn sich das Mikroklima ändert, wartet nicht auf eine Genehmigung von oben, sondern sucht eigenständig nach einem besseren Standort und verschleppt einzelne Schwestern so oft und hartnäckig dorthin, bis sie nach und nach Mitstreiterinnen findet.
Irgendwann kippt das ganzen System und das Volk zieht um. Wow! Das ist in der Tat inspirierend für politisch niedergeschlagene Menschen!

Populärwissenschaftlicher Stil von Postma

Mit seinem populärwissenschaftlichen Stil und seinem anthropozentrischen Blick kann Arjan Postmas Buch einer streng fachwissenschaftlichen Prüfung wohl nicht standhalten.
Doch genau diese Zugangsweise erlaubt es ihm, die intime Nähe und Verwandtschaft herauszuarbeiten, die das Säugetier Mensch mit dem Gesamten der Natur verbindet: Kreativität, Sprachgebrauch, Empathie, Freundschaft, erotische Sehnsüchte, Psychologie, Kunst und Kultur trennen unsere Lebenssphären nicht, sondern lassen sie im Gegenteil eng miteinander verschmelzen.

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