Architekturpreis für James-Simon-Galerie

Einer der schönsten öffentlichen Plätze in Deutschland

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Außenansicht der James-Simon-Galerie in Berlin.
Die James-Simon-Galerie in Berlin wird für ihre architektonische Schönheit mit dem DAM-Preis geehrt. © Deutsches Architekturmuseum / Simon Menges
Von Rudolf Schmitz · 31.01.2020
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Die von David Chipperfield errichtete James-Simon-Galerie in Berlin wird mit dem diesjährigen DAM-Preis ausgezeichnet. Warum dieser Bau ihn so begeistert, erklärt Peter Cachola Schmal, der Direktor des Deutschen Architekturmuseums.
Der Architekt David Chipperfield brachte die Sache auf den Punkt: ein hartes Stück Arbeit, Identität zu schaffen für ein Bauwerk, das sich so vielen unterschiedlichen Anforderungen gegenüber sah.
"Die James-Simon-Galerie in Berlin hat den DAM-Preis 2020 gewonnen, weil sie schlussendlich ein Stück Stadt geschaffen hat, das vorher nicht da war", sagt Peter Cachola Schmal, Direktor des Frankfurter Architekturmuseums. "Sie hat also Placemaking betrieben auf eine sehr interessante Weise. Wie David Chipperfield vorhin ausführte, ging es nicht darum, ein eigenständiges neues Museum zu errichten, sondern ein dienendes Stück Infrastruktur, was viele andere Aufgaben erledigt hat, aber diese nicht zeigt, sondern eigentlich ein neues Stück öffentlichen Raum schafft. Und das ist einer der schönsten öffentlichen Plätze, die es in Deutschland gibt, und jeder kann dort hingehen." Der DAM-Preis zeichnet jedes Jahr Architektur in Deutschland aus.

"Das Wichtigste ist offensichtlich der öffentliche Raum"

Schmal ist begeistert von diesem Stück Öffentlichkeit, das Berlin hinzugewonnen hat: die Pfeilerhalle, die Freitreppe, die Terrasse mit Café und Restaurant, die für alle Besucher zugänglich ist und schätzungsweise bereits eine halbe Million Gäste angelockt hat.
"Das Wichtigste ist offensichtlich der öffentliche Raum und die Verschränkung der Plätze und Flächen und die Verbindungen mit Architekturelementen, die, wie Chipperfield es ausführte, geborgt sind von den Vorgängern aus dem 19. Jahrhundert, aber doch in unsere heutige Zeit transformiert sind, und nicht eigenständige neue Kreationen, sondern Anleihen an die Vergangenheit, aber auf heutige Weise umgesetzt sind", sagt Schmal.

Museen sollen auch für die soziale Infrastruktur sorgen

Chipperfield ist eigens angereist, steht vor dem perfekt gestalteten Holzmodell der Museumsinsel und sinniert darüber, welche ungeheure Aufgabe heute den Museen zugemutet wird: Für die soziale Infrastruktur also sollen sie sorgen. Und da kommt auf die Architekten eine ganz neue Anforderung zu: Sie müssen sich vor allem mit den Bedürfnissen einer Bürgergesellschaft auseinandersetzen. Architekten müssetn es endlich lernen, ihre Projekte, die Baulogik, den Zweck und die Ästhetik ihrer Bauten zu kommunizieren.

Nachhaltigkeit ist das dominierende Thema

Wenn es denn ein dominierendes Thema in dieser Ausstellung mit insgesamt 26 realisierten Bauten gibt, dann ist es das der Nachhaltigkeit. Einer der Finalisten aus dem Frankfurter Raum, das Architektenbüro NKBAK, hat die Friedhofsmauer eines Kirchplatzes genutzt, um einen Neubau mit Klinkerfassade anzufügen. Ein heftiger Kampf mit den Denkmalschützern ging dieser gelungenen Verschränkung von Alt und Neu voraus. Ansonsten glänzt Frankfurt wie viele andere Großstädte eher mit dem Abriss von ganzen Baukomplexen.
"Dieses Abreißen nach 20 Jahren und Neubauen ist eine große Verschwendung von Energie, von Material, von menschlicher Arbeit. Das müsste eigentlich in Zukunft sehr viel strikter gehandhabt werden. Wir müssen mehr weiterverwenden. Und das ist eine ganz neue Betrachtungsweise von Architektur. Und da müssen wir natürlich auch auf die Bauten schauen: Wo wurde denn verändert, angebaut, umgebaut? Was sind denn die Aufgaben, die auf uns zukommen?", fragt Schmal.

Neubestimmung der Architektur

Die Ausstellung zum Frankfurter DAM-Preis 2020 zeigt diverse junge Büros, die sich dieser Nachhaltigkeitsdimension bewusst sind. Dass der Neubau der Zeitung "taz" in Berlin unter die fünf Finalisten kam, hat allerdings eher mit der seismographischen Neubestimmung der Architektur zu tun.
Wie baut man also ein Haus mit Büroflächen, wenn die Zukunft des verlegerischen Gewerbes so unsicher ist wie heute? Die Antwort heißt: Netzstruktur, Werkstattatmosphäre, Räume für eine Vielzahl unterschiedlicher Arbeitsformen. Unsere gesellschaftliche Zukunft ist ungewiss. Die Architekten versuchen trotzdem, sie zu bauen.
(ckr)

Die Ausstellung ist noch bis zum 10. Mai 2020 im Deutschen Architekturmuseum in Frankfurt am Main zu sehen.

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