Architekturbiennale in Venedig

Eröffnung im Mai – trotz Pandemie

07:53 Minuten
Boote und Häuser im Wasser am Canal Grande in Venedig.
Venedig hält trotz Corona an der Architekturbiennale fest. © imago-images / cavan-images
Nikolaus Bernau im Gespräch mit Sigrid Brinkmann · 12.04.2021
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Die Architekturbiennale Venedig wurde 2020 pandemiebedingt verschoben. In fünf Wochen soll sie nun eröffnet werden – sogar mit Publikum. Architekturexperte Nikolaus Bernau sieht eine Demokratisierung der Schau im Gange, wenn sie denn stattfindet.
Die 17. Internationale Architekturbiennale in Venedig soll trotz der Coronapandemie am 22. Mai auch für das Publikum starten und bis zum 21. November laufen, teilten die Veranstalter am Montag mit. Die Präsentation war 2020 wegen des Corona-Ausbruchs um ein Jahr verschoben worden. Nun sollen zahlreiche Maßnahmen zum Gesundheitsschutz ergriffen worden sein. Eingeladen wurden über 100 Teilnehmer aus 46 Ländern.
Bei der Online-Pressekonferenz sei nicht ganz deutlich geworden, wie die mehrmonatige Schau durchgeführt werden solle, sagt Architekturkritiker Nikolaus Bernau. "Es war klar, dass das derzeitig noch eine ziemlich surreale Idee ist. Selbst die Veranstaltung war in dem Sinne sehr surreal, sie war nur online und wahnsinnig kurz. Der Kurator Hashim Sarkis hat alleine geredet, und dann war es plötzlich zu Ende, und zwar wirklich so – völlig abgeschnitten!"

Alle Veranstaltungen sollen online gehen

Da man nicht wissen könne, wie die Pandemielage der Welt in fünf Wochen aussehen werde, habe man über die Besucherorganisation noch nichts sagen können. Die inhaltliche Organisation sei indes auf zwei Beine gestellt.
"Das sind die analogen Ausstellungen, die ganz klassisch stattfinden werden und parallel dazu die Internetdarstellung. Das heißt: All diese Ausstellungen sollen im Internet vorgeführt werden, dazu die gesamten Seitenveranstaltungen. Und das sind sehr, sehr viele. Das heißt, es wird eine unglaubliche Möglichkeit geben, die es bis jetzt noch nie gegeben hat: an der Architekturbiennale weltweit teilzunehmen", meint Nikolaus Bernau.
Kurator Sarkis sehe das als eine Methode, die Ausstellung demokratischer werden zu lassen, mehr Leute daran teilhaben zu lassen, die auch im Normalfall nicht nach Venedig reisen könnten, sagt Bernau. Sogar der Aufbau der Hauptausstellung soll online gezeigt werden.
"Das gab es bis jetzt noch nie. Um diese Hauptausstellung wurde immer ein Riesengewese gemacht, dass man die auf keinen Fall vorher sehen darf. Da musste man vorher unterschreiben und es gab alle möglichen Strafandrohungen. Die Biennale war bis jetzt in ganz wesentlichen Teilen eine Veranstaltung von Fachleuten, eine sehr elitäre Angelegenheit. Und das wird jetzt aufgebrochen."

Die Biennale ist für Venedig unverzichtbar

Nachhaltig werde die Online-Ausrichtung die Zukunft der Biennale dennoch nicht prägen, sagt Bernau. "Ausstellungen werden trotzdem sehr stabil bleiben. Erstens, weil man da direkt was erleben kann, und das ist durch kein Online-Erlebnis in irgendeiner Form zu ersetzen, und zweitens, weil Ausstellungen wie diese informelle Treffpunkte der Fachleute sind."
Außerdem sei Venedig ökonomisch sehr auf Touristen angewiesen, die etwas länger in der Stadt blieben und mehr Geld ausgäben als beispielsweise Kreuzfahrttouristen. Und genau das treffe auf Architektur- und Messetouristen zu.
Bemerkenswert sei gewesen, dass bei der Präsentation am Montag die Pandemie keine Rolle gespielt habe. "Dieses Programm wird offensichtlich einfach durchgezogen. Das ist schon phänomenal, dass die ganze Architekturbiennale wie eine Art Parallelwelt funktionieren soll."
Wenn es die Umstände erlaubten, würde er in fünf Wochen eine Reise nach Venedig versuchen, sagt Bernau. "Es wird auf jeden Fall eine spannende Ausstellung, denn die Themen der Architekturbiennale, wie sie für 2020 geplant waren, haben sich alle nicht erledigt. Das große Thema für unsere Zukunft ist: Wie gehen wir mit dem Klimawandel um? Da dürfte diese Biennale voraussichtlich doch einiges zu sagen haben."
(rja)
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