Wie ein neuer Aufbruch
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Bekannt wurde Arca in den vergangenen Jahren als Speerspitze der queeren Pop-Avantgarde. In ihren Stücken geht es um Metamorphosen. Doch zuletzt wurde ihre sehr wiedererkennbare Klangästhetik kritisiert. Ihr neues Album klingt ganz anders.
"KICk i" heißt das neue Album von Arca. Die Sängerin und Produzentin kommt aus Venezuela und lebt in New York. Arca, geboren als Alejandro Ghersi, hat sich 2018 zur "nicht-binären" Person erklärt. Seit Kurzem möchte Arca mit dem weiblichen Personalpronomen angesprochen werden. Bekannt wurde Arca in den vergangenen Jahren als Speerspitze der queeren Pop-Avantgarde, in ihren Tracks und den dazugehörigen Videos geht es um Metamorphosen und Transgression.
Das neue Album sei ein Konzeptalbum, sagt Musikkritiker Jens Balzer. Es handle auch vom "Nicht-Binären, von dem Glück, das man spüren kann, wenn man sich allen eindeutigen Zuordnungen, Identitäten zu entziehen vermag oder – um es positiv zu formulieren – dem Glück, das man spürt, wenn man seine Identität im Werden findet."
"Ungewöhnlich heiter, optimistisch"
Konzeptalbum heiße aber nicht, dass die Musik gewollt sperrig, prätentiös oder unhörbar wäre, so Balzer. "Im Gegenteil, das ist ein ganz tolles Pop-Album mit einigen, von Arca selbst gesungenen herzzerreißenden Balladen, mit einigen Dancefloor-Tracks, die rhythmisch und klanglich absolut auf der Höhe der Zeit sind und trotzdem bestens tanzbar."
Bis auf wenige Ausnahmen sei der Ton für Arca "ungewöhnlich heiter, optimistisch". Der Song "Calor" sei so eine Ausnahme. "Da hört man noch den schmerzhaften, verwundeten Ton des Vorgängeralbums."
Dabei seien auch einige interessante Gäste: "die junge feministische Flamenco-Erneuerin Rosalía", eine der Newcomerinnen der letzten Jahre, oder auch "die große alte Avantgarde-Tante Björk".
Zu sich selbst gefunden
"Auf ‚KiCk i‘ will sich Arca als jemand präsentieren, die zu sich selbst gefunden hat, die die Traumata ihrer jugendlichen Prägungen überwunden hat", so Balzer. "Sie hat eine ausgesprochen abwechslungsreiche Platte aufgenommen. Diese sonderbare, sofort wiedererkennbare Klangästhetik gibt es jetzt nicht mehr."
Die sei bei der letzten Arca-EP aus dem Frühjahr noch sehr prägend gewesen. "Das war ein 60-minütiges Konzeptwerk über Digitalisierung, Fakes und das Ende der Realität. Die klang noch mal ´typisch Arca` und wurde dafür auch scharf kritisiert" – auch im Deutschlandfunk Kultur. "KICk i" klinge hingegen frisch, inspiriert und wie ein neuer Aufbruch.
"Man hat das Gefühl, dass man hier einer Künstlerin zuhört, die noch lange nicht fertig ist mich sich selber, mit ihrer Identität und ihrer Kunst."
(abr)