Arabische Musik

Ohne Frauen geht gar nichts

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Die libanesische Sängerin Fairuz bei einem Konzert in Beirut im Jahr 2010.
Die libanesische Sängerin Fairuz bei einem Konzert in Beirut im Jahr 2010. © AFP / Joseph Eid
Von Somar Ashkar · 14.03.2019
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Musik hat in der arabischen Kultur einen hohen Stellenwert. Sie ist ebenso facettenreich wie die arabische Welt - eine Facette ist allerdings recht neu: Die Stimmen, Instrumente und Werke von Frauen.
Musik war über Jahrhunderte Männersache in der arabischen Musikkultur. Eine Frau durfte nicht öffentlich als Sängerin oder Musikerin auftreten. Dank der ägyptischen Sängerin Umm Kulthum ist das Vergangenheit. Umm Kulthum bestach durch ihre außergewöhnliche Stimme. Zu Beginn ihrer Karriere musste sie noch als Junge auftreten. Ihre Eleganz, Authentizität und Modernität begeisterten. Sie wurde zur Kultfigur, zum gefeierten Star, zur Vorreiterin der Frau in der arabischen Musik.

Ungebrochener Kult um Umm Kulthum

Umm Kulthum eroberte vor 100 Jahren die Herzen der Araber. Sie brachte den Stein ins Rollen. Daran besteht kein Zweifel. In den dreißiger und vierziger Jahren folgte Asmahan, eine Sängerin aus Syrien. Das war eine Zeit gesellschaftlicher Liberalisierung. Asmahan war eine der wenigen weiblichen Stimmen, die eine ernsthafte Konkurrenz zu Umm Kulthum darstellte. Sie verstarb in jungen Jahren.

Fairuz revolutioniert die arabische Musik

Die libanesische Sängerin Fairuz führte in den siebziger Jahren eine Revolution an. Ihr Stil veränderte die ästhetischen Codes der arabischen Musik. Ihre Lieder sind Klassiker. Sie sind bis heute täglich in den arabischsprachigen Radioprogrammen zu hören.
Die Zeiten haben sich geändert. Der Geschmack auch. Westliche Stilelemente beeinflussen die arabische Musik.

Junge Generation mit neuen Einflüssen

Souad Massi stammt aus Algerien. Sie ist Vertreterin der jüngeren Generation. Ihre musikalische Karriere war aber keine Selbstverständlichkeit. Familiäre und gesellschaftliche Vorbehalte gibt es noch immer. Geprägt sind ihre Lieder von arabischen Elementen, Flamenco und amerikanischem Folk Rock.
Die britische Trompeterin Yazz Ahmed.
Die britische Trompeterin Yazz Ahmed.© Giulietta Verdon-Rue
Aus einem ganz anderen Genre kommt die aus Bahrain stammende Jazzmusikerin Yazz Ahmed. In ihrer Musik verschmelzen Jazz und arabische Musik. Ein speziell für sie entwickeltes vierteltöniges Flügelhorn macht das möglich. Nur so kommt sie den spezifischen Tonleitern der arabischen Musik nahe. Mit ihren Stücken feiert sie weltweit Erfolge.
Die in Beirut lebende Komponistin und Pianistin Joelle Khoury hat sich der zeitgenössischen Musik verschrieben. Ein Genre, wofür nur wenige Menschen in der arabischen Welt Verständnis haben. Deshalb komponiert Joelle Khoury auch eher für namhafte westliche Orchester. Sie glaubt an die Universalität der Musik. Mit musikalischen Arabismen hat sie wenig am Hut. Ganz anders der Mainstream.

Mainstream und Schönheitsideal

Popmusik beherrscht den arabischen Markt. Sie spricht die Jugend an. Musikvideos sind mindestens ebenso wichtig wie die Songs selbst. Weibliche Popstars wie Asala Nasri und Nancy Ajram prägen das Schönheitsideal.
Asmahan und Fairuz waren Ausnahmeerscheinungen, Umm Kulthum war ein Jahrhundertereignis. Keine Sängerin hat seither Ihre stimmliche Virtuosität erreicht. Aber man misst ja auch hierzulande nicht jede Sängerin an Maria Callas.

Geschlecht spielt keine Rolle mehr

Die gute Nachricht: Fragt man heute Araber nach ihren berühmtesten Musikinterpreten, nennen sie mit Sicherheit Frauen ebenso häufig wie Männer. Das Geschlecht spielt keine Rolle. Dank Umm Kulthum, Asmahan, Fairuz und ihren Schülerinnen hat die Musik ein weibliches Gesicht bekommen.
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