Online-Gymnastik 

Wie Apps Parkinson-Patienten helfen

05:50 Minuten
Ein älterer Parkinson-Patient, der einen Gehstock hält.
Circa 400.000 Menschen leiden in Deutschland an Parkinson. © dpa / picture alliance / Joe Giddens
Von Peter Kolakowski · 19.05.2024
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Viele Menschen, die an Parkinson leiden, ziehen sich in die Isolation zurück. Wegen der körperlichen Symptome nehmen Betroffene kaum noch an Aktivitäten teil. Die Beelitz-Heilstätten bieten deshalb eine neue Online-Gymnastik an.  
Marianne Kropp ist eine lebenslustige Frau. Die ältere Dame lässt keine Sportstunde in ihrem Verein ausfallen! Sie will weiter fit bleiben Auch wegen ihrer Parkinson-Erkrankung. Neuerdings kann sie unter Anleitung aber auch zu Hause trainieren. Per App.
Kropp: "Ich spüre, dass mir das gut tut. Gehen. Gymnastik mache ich. Ich gehe auch aufs Fahrrad und aufs Laufband - haben wir zu Hause - und anschließend mache ich meine Übungen." 

Die Krankheit verläuft schleichend

Die Krankheit Parkinson verläuft wie bei vielen anderen Betroffenen schleichend. Es ist eine hormonelle Stoffwechselerkrankung, die das Lernen, den Antrieb, emotionales Erleben und auch Bewegungen beeinträchtigt.
Folgen unter anderem: Gangstörungen. Vor allem der bei Erkrankten schlurfende Gang. Langsame Bewegungen wie in Zeitlupe. Eine schiefe Haltung. Oft auch ist ein Arm gebeugt an den Körper gezogen.
Sport kann die Krankheit nicht aufhalten, aber verzögern und Menschen helfen, ihre Selbständigkeit so weit wie möglich zu erhalten, erklärt Timo Klein-Sötebier. Er arbeitet am Institut für Trainingswissenschaft und Sportinformatik an der Deutschen Sporthochschule in Köln und ist dort verantwortlich für Kognition und Sportspiel-Forschung.

Das ist eine ganz fiese Krankheit, weil sie bei jedem anders ausgeprägt ist und jeder anders reagiert. Irgendwann sind die medikamentösen Möglichkeiten auch erschöpft, weil sich der Körper an jedes Medikament auch gewöhnt, darum macht dann Sport irgendwann Sinn. Es geht auch darum, dass ich mich erst mal aufraffe, etwas zu tun ... 

Timo Klein-Sötebier, Deutsche Sporthochschule Köln

Was zu den wichtigsten Übungen zählt

Die Sport-Apps der Beelitz-Heilstätten wie auch der Deutschen Parkinson Stiftung sind kostenlos und richten sich an Betroffene als auch deren Angehörige. Einfache Übungen für zu Hause, im Garten oder im Wald.     
Die sogenannte Move App beinhaltet zahlreiche Video-Clips mit Anleitungen für Bewegungs-Übungen zu Hause und gibt Tipps für Hilfsmittel unter anderem für einen besseren Gang, wie ein Metronom.
Gerade rhythmisches Gehen im Takt oder auch Tanzen im Rhythmus gehören zu den wichtigsten Übungen für Parkinson-Patienten, auch um Stürze zu vermeiden.
Übungen sollten täglich und mindestens 20 Minuten lang durchgeführt werden. Regelmäßiges Training wirken der Bewegungsarmut entgegen und positiv auf seelische Stimmungen, erklärt Professor Georg Ebersbach vom Vorstand der Deutschen Parkinson Stiftung und Chefarzt des Neurologischen Fachkrankenhauses der Beelitz-Heilstätten, der die Programme entwickelt hat.

Es ist sehr schwierig, einen Trainer vor Ort zu bekommen. Insofern bietet es sich an, gerade in Flächenregionen wie Brandenburg, aber auch in Städten, dass man Zugang zu spezialisiertem Training auch über das Internet bekommt. Grundsätzlich kann man beim Parkinson-Training unterscheiden: Das eine sind Kondition, Kraft, Ausdauer, das muss natürlich trainiert werden.

Dann gibt es aber auch ganz bestimmte Funktionen, die individuell sehr unterschiedlich betroffen sein können. Beim einen ist es die Feinmotorik, beim anderen ist es das Sprechen, beim Nächsten die Körperhaltung, bei der Übernächsten das Gleichgewicht.

Georg Ebersbach, Vorstand der Deutschen Parkinson Stiftung

Videos auch von der Parkinson Stiftung

Auch die Deutsche Parkinson Stiftung hält Videos und viele weitere Tipps parat. Es sind auch hier ganz einfache Übungen, manchmal etwas schwerer, auch mit kleinen Hilfsmitteln wie Bällen, Stühlen oder Stöcken. Partner können übrigens gerne mitmachen.
Ziel ist, möglichst vielen der circa 400.000 in Deutschland an der Krankheit Leidenden wieder Bewegungsfreude zu schenken. Ob Anfänger oder sportlich Fortgeschrittene ist dabei völlig egal. Und gern auch mit Angehörigen oder Freunden zusammen.  
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