Apple durchsucht iPhones auf Kinderpornografie

Adé Privatsphäre?

11:39 Minuten
Auf dem Bild ist eine Hand zu sehen, die ein iPhone hält.
Apple hatte die Privatsphäre bislang immer zum Kaufargument gemacht - jetzt schwenkt das Unternehmen um. © Unsplash / Kelly Sikkema
Markus Reuter im Gespräch mit Teresa Sickert und Tim Wiese · 14.08.2021
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Datenschützer sind in Alarmbereitschaft: Apple möchte nach Bildern scannen, die kinderpornografische Inhalte zeigen und greift dabei auf private Daten zu. Markus Reuter von Netzpolitik.org fürchtet, dass ein solches Vorgehen auch andere Begehrlichkeiten weckt.
Edward Snowden nennt es ein "nationales Sicherheitsproblem", der "WhatsApp"-Chef Will Cathcart spricht von einer "Überwachungs-Software", bei Twitter ist schon vom "SpyPhone" die Rede und Datenschutz-Organisationen sind entsetzt. Was sie in Alarmbereitschaft versetzt ist die Ankündigung von Apple, einen Scanner einzuführen, um Bilder nach kinderpornografischen Inhalten zu durchforsten.
Viele nutzen die iCloud als Back-up-Speicher für Bilder. Jedes der dort hochgeladenen Bilder soll nun mit einer Datenbank abgeglichen werden, die von einem Zentrum in den USA stammt, das sich der Bekämpfung von Missbrauchsbildern verschrieben hat. Die Funktion soll erst mal nur in den USA aktiviert werden, ist aber durch ein aufgespieltes Update auf jedem iPhone vorhanden.

Privatsphäre war immer Kaufargument

Dass Clouds auf verdächtige Bilder gescannt werden, ist nicht neu. Das passiert auch bei Google Drive oder Dropbox. Der Grund für die große Empörungswelle: Apples neue Technik sitzt direkt auf dem iPhone. Eine völlig neue Strategie für einen Konzern, der die Privatsphäre immer zum Kaufargument gemacht hat.
Und es gibt ein weiteres Problem. "Diese Liste, die jetzt Darstellung von Missbrauch beinhaltet, kann ich theoretisch jederzeit gegen irgendwas anderes austauschen", sagt Markus Reuter von Netzpolitik.org. "Ob ich da jetzt nach Bildern der Opposition in China suche oder bestimmte Memes – ich kann diese Liste jederzeit austauschen."
Apple werfe ein großes Problem auf. "Wenn ich einmal eine Infrastruktur und eine Möglichkeit habe zu überwachen - und das ist so eine alte Datenschützer-Weisheit, wo ein Trog ist, da kommen auch die Schweine -, da wird es irgendwann die Leute geben, die sagen ‚ja, lass uns doch mal das machen, oder könnten wir doch auch Terror-Dateien suchen‘, und dann geht es immer weiter."

Was bringt das wirklich?

Vor Staaten wie China habe Apple früher schon gekuscht. "Im App-Store sind manche Apps nicht. Manche Sicherheitstools werden nicht angeboten auf chinesischen iPhones", sagt Reuter. "Und dass zum Beispiel China kommt und sagt, ‚Hey, schöne Sache, würden wir auch gern nutzen‘, das ist das Problem. Also man öffnet diese Büchse der Pandora, und das kriegt man nicht mehr eingefangen."
Markus Reuter rät dazu, abzuwägen. "Es ist natürlich richtig, im offenen Internet zu suchen oder auf sozialen Netzwerken, die Bilder abzugleichen. Aber hier kommt man wirklich in den privatesten Bereich rein", sagt er. Zugleich sei offen, wie viel Missbrauch ein solches Vorgehen tatsächlich verhindern könne. "Wird es dann dadurch weniger oder weichen die Leute einfach nur aus und gehen nutzen dann irgendein Linux, wo keine Schnittstelle ist, wo man reinschauen kann?"
(cwu)
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