Appell

Hunger ist "Skandal unserer Zeit"

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Eine Frau wartet auf eine Hilfslieferung an Nahrungsmitteln. © picture alliance / dpa
Moderation: Korbinian Frenzel · 25.04.2014
Alle fünf Sekunden verhungert ein Kind auf der Welt, sagt der Schweizer Soziologe Jean Ziegler. In seinem Buch "Wir lassen sie verhungern" klagt der ehemalige UN-Berichterstatter die Börsenspekulation auf Nahrungsmittel an.
Sein Buch sei ein Rechenschafts- oder Erlebnisbericht über die Erfahrungen, die er in all den Jahren als Sonderberichterstatter der Vereinten Nationen für das Recht auf Nahrung gemacht habe. Und die sind erschreckend: "Auf einem Planeten, der vor Reichtum überquillt, verhungert trotzdem alle fünf Sekunden ein Kind", sagt er während er hier rede. Dabei gebe es heute keinen Mangel an Nahrung mehr auf der Erde. Deshalb spricht er, wenn trotzdem Kinder verhungern, von Mord.
Menschen gemachte Mordmechanismen
Hoffnung habe er trotzdem noch - und die setzt er auf die Demokratie. "Alle diese mörderischen Mechanismen sind Menschen gemacht und können durch demokratische Entscheidungen gebrochen werden", erklärt Ziegler. Er klagt vor allem die Börsenspekulation auf Nahrungsmittel an. Derzeit seien sie an den Finanzplätzen Europas wie Frankfurt, Paris, London völlig legal, könnten aber durch eine Revision des Börsengesetzes gebändigt werden.
Er appelliert an das Bewusstsein der Bürger. Deutschland sei die größte, lebendigste Demokratie dieses Kontinents und die drittgrößte Wirtschaftsmacht der Welt. "Wir können vom Bundestag verlangen, dass Börsenspekulation auf Nahrungsmittel verboten wird." Auch wenn in den letzten Jahren beispielsweise in China der Hunger quasi bekämpft wurde, sei die Situation in der Welt immer noch verheerend. "In absoluten Zahlen steigt der Hunger", sagt Ziegler. Das sei der Skandal unserer Zeit. "Jedes Kind, das stirbt, könnte mein Kind sein." Nur der biologische Zufall der Geburt trenne uns von den Opfern.
Der Soziologe und Schriftsteller Jean Ziegler
Der Soziologe und Schriftsteller Jean Ziegler© picture-alliance / Frank May
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