App "Edaole" für chinesische Touristen

Mit ungebremster Kaufkraft nach Europa

Die lila angeleuchtete Fassade des Kaufhaus des Westens (KaDeWe) in Berlin, aufgenommen am 01.12.2015. Foto: Soeren Stache/dpa
Auch das Berliner Kaufhaus KaDeWe verlockt kaufkräftige chinesische Touristen zum Shoppen. © dpa / picture alliance / Soeren Stache
Von André Zantow · 14.12.2015
Chinesische Touristen sind weltweit die wichtigste Käufergruppe: Sie sind für 30 Prozent des globalen Umsatzes im Luxusgüter-Segment verantwortlich. Eine Smartphone-App hilft ihnen dabei, den richtigen Weg durch europäische Konsumtempel zu finden.
Weihnachtsmusik schallt aus den Lautsprechern des KaDeWe – des größten Kaufhauses auf dem europäischen Kontinent – vor allem berühmt und bekannt aufgrund der Auswahl an hochpreisigen Produkten.
"Was war das Letzte, was Sie hier gekauft haben?"
"Ich habe hier zuletzt ein Sakko und ein paar Schuhe gekauft."
Das ist Fred Klinkert.
"Für Ihre nächsten Geschäftstermine?"
"Das Sakko ja, die Schuhe waren eher privat."
Idee eines mobilen Shopping-Guide
Fred Klinkert ist Unternehmer. Ich hab mich mit ihm hier verabredet, weil wir über Konsum sprechen wollen. Noch zehn Tagen sind es bis Weihnachten, in Geschäften herrscht Hochkonjunktur – auch im Luxussegment. Das ist das Geschäftsfeld des 29-Jährigen. Er hat eine App fürs Smartphone erdacht namens "Edaole" – die richtet sich an die wichtigste Käufergruppe weltweit: Chinesen.

"Die Idee hinter Edaole ist relativ simpel erklärt: Wir sind ein mobiler Shopping-Guide für chinesische Touristen. Und der Grund dafür ist, dass Chinesen, wenn sie als Individualreisende nach Europa reisen, sich mit sehr vielen sprachlichen und kulturellen Barrieren konfrontiert sehen, die das individuelle Reisen, wie wir es in Europa kennen, sehr kompliziert und schwierig machen. Und das überbrücken wir mit unserer App."
Seit einem halben Jahr gibt es "Edaole" – was soviel bedeutet wie "Ein Weg zum Glück" und mittlerweile hat die App eine Nutzerzahl im mittleren fünfstelligen Bereich, sagt der Gründer. Also wohl rund 50.000 Chinesen, die mittels dieses kleine Programmes durch die wichtigsten Shopping-Tempel in Europa gelotst werden und dort Rabatte erhalten oder einen besonderen Service. Auch in der deutschen Hauptstadt.
"Wenn man sich das KaDeWe genauer anschaut und mal reingeht, sieht man insbesondere unten in der Luxusetage, dass in fast jeder Boutique auch chinesische Mitarbeiter sind, die besonders ausgebildet sind, auf die besonderen Bedürfnisse chinesischer Kunden einzugehen."
Enorme Kaufkraft chinesischer Touristen
Chinesen sind schon jetzt verantwortlich für rund 30 Prozent des globalen Umsatzes im Luxusgüter-Segment, zitiert der junge Unternehmer einige Studien. Und seine Kundschaft wird wachsen, haben doch bisher nur fünf Prozent der Chinesen überhaupt einen Reisepass und damit die Möglichkeit, ins Ausland zu fliegen und kräftig Geld auszugeben.

"Es gibt verschiedene Studien, die besagen, dass die Ausgaben pro Einkauf im Schnitt bei 500 bis 600 Euro liegt. Das zeigt die enorme Kaufkraft von chinesischen Touristen."

Im Reisekoffer landen die üblichen Luxusmarken, aber auch spezielle deutsche Produkte.
"Chinesen kaufen sehr gern Küchenutensilien. Der Schnellkochtopf, das gute Messer aus Solingen. Das sind typische Produkte. Bis hin zur Kuckucksuhr, aber auch die Eigenmarken bei Drogerien haben besonderen Stellenwert – insbesondere Milchpulver. Das ist ein sehr, sehr interessantes Kaufverhalten chinesischer Touristen und das bilden wir in unserer App ab und haben mit diesen Partnern Provisionsvereinbarungen. Das heißt wenn ein chinesischer Kunde in diesem Geschäft was einkauft, verdienen wir da mit und bekommen in der Regel um die zehn Prozent."
Optimierung des Einkaufserlebnisses
Es klingt routiniert, wie Fred Klinkert sein Geschäftsmodell erklärt. Der 29-Jährige hat schon einige Erfahrung – war in jungen Unternehmen wie dem Modehändler Zalando oder dem Herrenschneider Youtailer. Er gehört zu einer Unternehmergeneration, die immer global denkt. Auch wenn er kein Chinesisch spricht, in Berlin lebt und aus Jena stammt.
"Die Idee ist so zustande gekommen, dass ein Bekannter von uns wirklich zehn Jahre als klassischer Tour-Guide chinesische Touristengruppen in die europäischen Großstädte gebracht hat und mit denen auch wirklich sehr viel einkaufen gegangen ist. Und der hat erzählt, die haben eine ungebremste Kaufkraft, gleichzeitig ist aber das Verlangen nach individuellen Reisen sehr, sehr groß, und was man auch sieht, ist, dass Chinesen wirklich alles mit dem Smartphone machen. Wir haben uns hingesetzt und haben uns gefragt, wie kann man das optimieren. Und jetzt stehen wir hier."
Hier in Berlin neben dem KaDeWe läuft aber derzeit kein chinesischer Tourist mit der App vorbei. Noch herrscht Ruhe vor dem nächsten Sturm.
"Der nächste spannende Moment ist chinesisches Neujahr, so im Februar, wo wirklich Chinesen im Zeitraum von einer Woche wirklich die ganze Welt bereisen und dann geht’s wieder rund bei uns."
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