AOK-Studie zu Pandemie und Armut

Warum Impfangebote in Problemvierteln wichtig sind

06:27 Minuten
Die Stadt Köln beginnt, Menschen in Stadtteilen mit besonders hoher Inzidenz - sogenannte Hochinzidenzgebiete - zu impfen. In Chorweiler sind deshalb Corona-Impfteams unterwegs. Auch ein Impfbus kommt zum Einsatz.
Sozial Schwächere sind in der Coronapandemie stärker gefährdet. Ihnen helfen Angebote wie dieses Impfmobil in Köln-Chorweiler. © Imago / Future Image / C. Hardt
Matthias Mohrmann im Gespräch mit Dieter Kassel · 05.05.2021
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Laut einer Studie haben Menschen in prekären Verhältnissen ein deutlich höheres Risiko, an Covid-19 zu erkranken. AOK-Vorstand Matthias Mohrmann lobt deshalb Initiativen wie die Impfmobile, die in Problemvierteln unbürokratisch Impfungen anbieten.
Im Kölner Hochhausviertel Chorweiler sind seit einigen Tagen Impfmobile im Einsatz. Chorweiler hat einen hohen Inzidenzwert von über 500. Hier leben viele Menschen mit geringem oder keinem regelmäßigen Einkommen. In den Impfmobilen können sie sich nun unbürokratisch und ohne Anmeldung eine Impfdosis injizieren lassen. Viele machten bereits von dem Angebot Gebrauch.
Matthias Mohrmann, im Vorstand der Krankenkasse AOK Rheinland/Hamburg zuständig für den Bereich Versorgung, findet solche Initiativen zur Eindämmung von Corona-Infektionen vorbildlich. Denn laut einer Studie seiner Krankenkasse (gemeinsam mit dem Universitätsklinikum Düsseldorf), bei der über eine Million Versichertendaten ausgewertet wurden, haben Arbeitslose und Geringverdiener ein doppelt so hohes Risiko, schwer an Covid-19 zu erkranken und damit ein Fall für das Krankenhaus oder sogar die Intensivstation zu werden, wie andere Erwerbstätige.

Vielfältige Einflussfaktoren

"Es gibt vielfältige Einflussfaktoren, die im Ergebnis dazu führen, dass die Inzidenzen in sozioökonomisch schlechter gestellten Stadtteilen deutlich höher sind", sagt Mohrmann. Dazu gehörten etwa beengte Wohnverhältnisse und die allgemeine gesundheitliche Situation, speziell chronische Erkrankungen.
Auch hätten Menschen im Niedriglohnsektor meist weniger Möglichkeiten, im Homeoffice zu arbeiten und würden mangels eines eigenen Autos deutlich häufiger die öffentlichen Verkehrsmittel nutzen. Sie hätten somit mehr Kontakt zu anderen Menschen und potenziell mehr Möglichkeiten, sich zu infizieren.

Mehr Angebote machen

Deshalb müsse es vor Ort mehr Angebote der Gesundheitsberatung oder -versorgung wie etwa die Impfmobile [AUDIO] geben, die bereits in einigen Großstädten unterwegs sind.
Dass noch nicht Geimpfte aus weniger prekären Vierteln darauf mit Ärger reagieren, ist für Mohrmann "tatsächlich Impfneid. Und wir sollten uns fragen, ob das tatsächlich angebracht ist. Es gibt keinen Grund, die Menschen in den Regionen zu beneiden, die schlechtere Wohnverhältnisse haben und vielleicht generell einen schlechteren Status haben."
Deshalb hält der Gesundheitsexperte in diesem Fall eine Priorisierung für sinnvoll, "sich um diese Menschen verstärkt zu kümmern, die sich häufig abgehängt fühlen und für die die Gesundheitsangebote auch schlechter erreichbar sind".
(mkn)
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