KiKA-Serie über Antisemitismus

Ohne den erhobenen Zeigefinger

08:36 Minuten
Benny, Hamid und Charly stehen in einem Zimmer und schauen sehr ernst auf eine Person, deren Schulter man im Vordergrund sieht. Die drei Jugendlichen stellen die Rektorin wegen der schlimmen Vorfälle an der Schule zur Rede (von links: Louis Guillaume (Benny); Mika Ullritz (Hamid) und Nelly Hoffmann (Charly).
Benny, Hamid und Charly stellen die Rektorin wegen der schlimmen Vorfälle an der Schule zur Rede (von links: Louis Guillaume (Benny), Mika Ullritz (Hamid) und Nelly Hoffmann (Charly)). © ZDF / Christian Riebe
Andreas Steinhöfel im Gespräch mit Stephan Karkowsky · 19.04.2022
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Mit der Serie "Völlig meschugge?!" will der Kinderkanal KiKA über Antisemitismus aufklären. Am ambitionierten Projekt hat auch der bekannte Jugendbuchautor Andreas Steinhöfel mitgeschrieben. Er hätte die Geschichte gern noch kantiger gehabt.
Neue Drama-Serie für das öffentlich-rechtliche Kinderprogramm: In der ZDF-Koproduktion "Völlig meschugge?!" wird die Geschichte von drei Freunden erzählt, die sich in ihrem Schulalltag mit Mobbing und Antisemitismus auseinandersetzen müssen. Die Drehbücher stammen von Andreas Steinhöfel, Klaus Döring und Adrian Bickenbach.

Eine Kette mit Davidstern

Entstanden sind sechs Folgen à 25 Minuten. Charly und Benny (beide 11) sind dicke Freunde, auch Hamid, der 2015 als Flüchtlingskind aus Syrien kam, gehört mit dazu. Die unbeschwerten Kindheitstage enden, als Bennys Opa stirbt und seinem Enkel eine Kette samt Davidstern vererbt.
Für Benny ist das ein Zeichen der Verbundenheit, für andere Kinder aus der Schule ein gefundenes Fressen. Jude – das sei auf deutschen Schulhöfen noch immer ein Schimpfwort und werde einfach unbedacht verwendet, sagt der Autor Andreas Steinhöfel, der mit „Rico, Oskar und die Tieferschatten“ bekannt wurde.
Antisemitismus ist schon für Erwachsene ein schwieriges Thema mit vielen Fallstricken. Wie bringt man das Kindern nahe? Wie Erwachsene wollten auch Kinder erst einmal unterhalten werden, sagt Steinhöfel. „Was ich überhaupt nicht mag, ist der pädagogische Zeigefinger.“

Reibungen zwischen Autoren und Redaktion

Hier sei es zu Reibungen zwischen den Autoren und der Redaktion gekommen, erzählt Steinhöfel: „Die hätten tatsächlich gerne so etwas gesehen wie: Erklär‘ doch mal den Nahostkonflikt.“ Das könne man aber in der Kürze nicht machen. Außerdem seien das Fragen, die kaum Erwachsene beantworten könnten. „Und dann wird es eben auch so aufdringlich pädagogisch.“ Er zeige einem Kind lieber, was passiere, wenn man irgendeinen Blödsinn einfach weitererzähle.

Die ersten beiden Folgen der Serie werden am 19. April 2022 ab 20.10 Uhr im KiKA gezeigt. Alle sechs Folgen sind bereits in der Mediathek abrufbar.

Zwischen Autoren und Redaktionen knirscht es laut Steinhöfel eigentlich immer: „Du willst als Autor möglichst viel und kraftvoll unterbringen. Und die Redaktion ist sehr vorsichtig, zum Teil, finde ich, übervorsichtig. Speziell die Öffentlich-Rechtlichen könnten sich mehr trauen.“
Der Stoff, wie er sich jetzt präsentiere, sei „abgerundeter und milder“ als von den Autoren gewollt, betont er. Aus einem „Stein mit Ecken und Kanten“ sei ein stellenweise abgeschliffener Kiesel geworden. „Das muss nicht schlecht sein, was jüngere Zuschauer angeht, aber ich hätte es an einigen Stellen lieber deutlicher gehabt.“

Überprüfung durch Gutachterinnen

Die Serie wurde sogar zwei Gutachterinnen vorgelegt. Das sei eine Idee des ZDF gewesen, so Steinhöfel – man habe Angst gehabt, rund um den Konflikt zwischen Juden und Arabern etwas falsch zu machen.
Auch das sei im Grundsatz nicht verkehrt, sagt der Autor. Es könne aber auch "Kraft auf der Geschichte rausnehmen“.
(ahe)
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