Antike Stätten

Pompeji und die verschwundenen Millionen

Touristen besichtigen das ausgegrabene Forum in der antiken Stadt Pompeji, aufgenommen am 21.09.2009. Das Forum befindet sich inmitten der Altstadt Pompejis.
Sinnbild für die Probleme Italiens? Das antike Pompeji © dpa / Waltraud Grubitzsch
Von Tilmann Kleinjung · 15.10.2014
79 n. Chr. wurde Pompeji unter den Lavamassen des Vesuvs begraben. Inzwischen droht der antiken Stadt zum zweiten Mal der Untergang: Wind, Wetter und die vielen Besucher sind schuld. Seit kurzem aber gibt es einen Hoffnungsschimmer.
Massimo Osanna, Chefarchäologe in Pompeji, ist es leid, dass die antike Trümmerstadt am Vesuv immer wieder als Paradebeispiel für die Probleme Italiens herhalten muss. Die einstürzenden Ruinen von Pompeji als Sinnbild für ein Land, das nicht in der Lage ist, sein Erbe zu bewahren. Deshalb bringt der vor kurzem ernannte Superintendent Osanna gezielt gute Nachrichten aus Pompeji in Umlauf: Das Amphitheater ist nach jahrelanger Schließung wieder geöffnet: griechisches Theater im Weltkulturerbe.
"Es weht ein neuer Wind, nicht weil ich gekommen bin. Es hat sich vieles so entwickelt, dass es jetzt möglich ist, viele Probleme zu lösen."
Eine Erfolgsgeschichte mit skandalöser Vorgeschichte. Im Jahr 2008 ließ Silvio Berlusconi Pompeji zwangsverwalten. Von einem Parteifreund. Der steckte Millionen in die Rekonstruktion des antiken Theaters. Das Zuschauerrund wurde zubetoniert. Archäologen wie Tsao Cevoli schlagen heute noch die Hände über dem Kopf zusammen.
"Es wurden Umkleideräume geschaffen, Lagerräume für Musikinstrumente und Requisitenkammern. Dies alles in einem antiken Gebäude. Hier in dem Säulenvorbau des Theaters, der auch als Kaserne und Übungsraum für die Gladiatoren genutzt wurde, wurden diese neuen Räumlichkeiten eingebaut."
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Wasser schlägt Gladiatoren-Gebäude im antiken Pompeji - nur ein Zeichen des Verfalls.© picture alliance / dpa
Im Juni 2010 wurde das restaurierte Theater eingeweiht. Maestro Riccardo Muti dirigierte ein Jugendorchester aus der Region. Beethovens Fünfte unter freiem Himmel.
"Dieses Theater wurde nur einmal für eine Aufführung genutzt und zwar für das Einweihungskonzert mit Muti. Danach ist praktisch nichts mehr passiert."
Metapher für die Krise in Italien
Acht Millionen Euro soll die Restaurierung gekostet haben. Gegen die Verantwortlichen ermittelt heute die Staatsanwaltschaft. Das Geld hätte sinnvoller eingesetzt werden können, zum Beispiel für Aufsichtspersonal. Neulich hat ein Tourist ein Mosaikstück als Souvenir mitgehen lassen. Oder die Instandsetzung von Gebäuden. Immer wieder stürzen Mauern ein in Pompeji.
"Einige dieser Ruinen stehen seit 1748 unter freiem Himmel, sie sind in jedem Jahrhundert mehrmals restauriert worden, und oft stürzen die frisch renovierten ein."
In Pompeji lässt sich noch originalgetreu erleben, wie eine Stadt in der Antike funktionierte und aussah. Damit ist Pompeji mit mehr als 44 Hektar und zwei Millionen Besuchern pro Jahr das größte Freilichtmuseum der Welt. Von unschätzbarer Bedeutung für den Tourismus in der Region rund um den Vesuv.
"Es geht doch um die Prioritäten. In dieses Theater wurden Unsummen investiert und zwei Schritte weiter können wir die tatsächliche Situation besichtigen."
Tsao Cevoli bleibt vor einer Wand am Ausgang des Theaters stehen – zunächst völlig unscheinbar. Erst auf den zweiten Blick entdeckt man, dass jemand etwas in die Mauer geritzt hat, nicht heute, sondern vor 2000 Jahren.
"Das sind zwei Gladiatoren. Das stammt aus der römischen Epoche. Das sind bestimmt Kinder, die sich vor dem Theater die Zeit vertrieben haben."
Es fällt schwer, Pompeji nicht als Metapher für die Krise in Italien zu sehen.
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