Illegaler Antikenhandel

"Eigentlich kann man heute so gut wie gar nichts mehr ankaufen"

08:32 Minuten
Ägyptische Kulturgüter im Museum in Kairo
Beim Antikenschmuggel stehen ägyptische Kunstwerke hoch im Kurs. © picture alliance / abaca | Abd Rabbo Ammar
Hermann Parzinger im Gespräch mit Elena Gorgis |
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Im Kampf gegen den illegalen Antikenhandel sind klare Regeln in den Museen und mehr Kapazitäten bei den Ermittlungsbehörden nötig, sagt der Archäologe Hermann Parzinger. Die Zeit der Ankäufe von archäologischen Objekten sei vorbei.
Nach den Enthüllungen von Deutschlandfunk und der Wochenzeitung "Die Zeit" über einen fragwürdigen Handel mit antiken Kulturgütern aus Ägypten setzt sich Hermann Parzinger, Präsident der Stiftung preußischer Kulturbesitz, für eine Stärkung der Ermittlungsbehörden ein.
In Italien gebe es eine Sondereinheit der Carabinieri mit etwa 300 Mitarbeitern, die im illegalen Kunsthandel ermittelten und sich viel Wissen angeeignet hätten, betont er. Auch beim Bundeskriminalamt seien Fachleute tätig. Das könne ebenso weiter ausgebaut werden wie die Schulung von Mitarbeitern in den Zollbehörden.

Ohne wissenschaftliche Standards

Nach den Recherchen sollen führende deutsche Ägyptologinnen und Ägyptologen eng mit einer von Hamburg aus tätigen Kunsthändlerfamilie in einer Weise zusammengearbeitet haben, die wissenschaftlichen Standards nicht gerecht wurde.
Wegen Anhaltspunkten für mögliche handfeste Rechtsbrüche wird gegen einen Hamburger Galeristen und Personen aus dessen Umkreis seitens der Staatsanwaltschaften in Hamburg und Paris ermittelt – in Hamburg unter anderem wegen des Verdachts der gemeinschaftlichen und gewerbsmäßigen Hehlerei, des Betruges sowie der Urkundenfälschung.
Diese Ermittlungen dauern an, daher gilt die Unschuldsvermutung für alle Beteiligten. "Es ist schon erstaunlich, was man da lesen kann, auch wenn man noch warten muss, wie sich diese Recherchen jetzt weiterentwickeln", sagt Parzinger.
Der Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, Hermann Parzinger.
Der Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, Hermann Parzinger, plädiert dafür, Objekte eher zu leihen anstatt sie anzukaufen.© picture alliance /dpa / Monika Skolimowska
Parzinger verweist auf die Bedeutung klarer Regeln für die Museen. Dazu gehöre, dass sie keine Kulturgüter annähmen, bei denen die Herkunft unklar sei. Das gelte auch für Leihgaben, die nur zeitweise in eine Ausstellung integriert würden.

Wir Archäologen wissen doch, was in den Herkunftsländern geschieht, im Nahen Osten, Ägypten, eigentlich weltweit - auch bei uns in Deutschland, wo Dinge illegal dem Boden entrissen, historische Kontexte zerstört werden und ein schwunghafter Handel im Gang ist.

In Zeiten, in denen die staatliche Kontrolle an den Ausgrabungsstellen und antiken Orten nicht mehr funktioniere, sei dem illegalen Antikenhandel Tür und Tor geöffnet, sagt der Stiftungspräsident. Das habe man in Syrien mit dem "Islamischen Staat" erlebt, aber auch 2003 im Irak nach dem Einmarsch der US-Armee.
Die Stiftung habe vor diesem Hintergrund zusammen mit der Kulturstiftung der Länder ein "Dunkelfeld-Forschungsprojekt" organisiert, um Einblicke in den illegalen Antikenhandel zu gewinnen, so Parzinger. Aber vieles sei nach wie vor unbekannt.

Gutachten nur für staatliche Stellen

An den staatlichen Museen in Berlin würden Gutachten grundsätzlich nur für die Polizei und Ermittlungsbehörden geschrieben, nicht etwa für Kunsthändler. "Es muss ganz klar sein, dass hier ein staatlicher Auftrag vorliegen muss", sagt Parzinger. "Das ist eine Selbstverpflichtung, die für jeden selbstverständlich sein sollte." Schließlich würden sogar Ausfuhrgenehmigungen gefälscht: "Eigentlich kann man heute so gut wie gar nichts mehr ankaufen."
Statt des Ankaufs hätten Museen inzwischen andere Möglichkeiten, ihre Ausstellungen zu erweitern, so Parzinger. Es gebe viele Formen der Zusammenarbeit, zeitweise Leihgaben oder Dauerleihgaben. "Auch das funktioniert zum Teil schon gut zwischen den archäologischen Museen." Das sei der sauberste und einzig richtige Weg. In den Berliner Museen würden die eigenen Bestände zudem noch einmal durchforstet und überprüft.
(gem)
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