Anna Basener

Eine Schriftstellerin mit Liebe zu Kitsch und Eierlikör

Die Schriftstellerin Anna Basener.
Anna Basener hat auch ein Sachbuch über das Verfassen von Heftromanen veröffentlicht. © picture alliance / Horst Galuschka / dpa
Von Tabea Soergel · 11.02.2019
Jahrelang hat sie unter Pseudonym Heftromane geschrieben: Nun ist der zweite "echte" Roman der Schriftstellerin Anna Basener erschienen: "Schund und Sühne" - und ihr autobiografisch inspiriertes Debüt aus dem Jahr 2017 wird gerade verfilmt.

Auszug Lesung "Schund und Sühne"
"Prinzenblut und Rosenstolz. Zauberhafter Romananfang aus dem Hochadel."

Sie kommt wie eine Königin in die Buchhandlung in Berlin-Mitte geschwebt. Ihre Schultern umschmeicheln lange Locken in allen Schattierungen von Gold. Sie ist jung, sie ist schön, sie ist Schriftstellerin, und ihr Name ist ein prätentiöses Versprechen.

"Catharina Chrysander - das ist mein Groschenroman-Pseudonym, damit nicht mein Name da draufsteht und damit der Groschenroman nicht mit einer Autorenpersönlichkeit konfrontiert wird."

Ein Alleinstellungsmerkmal

In Wirklichkeit heißt Frau Chrysander Anna Basener, und die ist zum Glück gar nicht prätentiös – und hat jede Menge Autorenpersönlichkeit. Basener, Jahrgang 1983, geht nicht gern in der Masse unter. Ihr Studium der Kulturwissenschaften und ästhetischen Praxis in Hildesheim hat sie sich mit dem Schreiben von Heftromanen finanziert, und zwar in den Genres Adel, Heimat, Romantasy und Sexwestern. Insgesamt ergibt das: Ein veritables Alleinstellungsmerkmal.

Auszug Lesung "Schund und Sühne"
"Am Boden wird das Gedränge dichter. Ballrobe presst sich an Ballrobe, steife Stoffe rascheln, keiner atmet. Ein erhitzter Pulk in pastellfarbenen Reifröcken, der die Luft anhält. Brillanten blitzen auf wie Sterne."

"Das hat mir schon auch sehr gefallen, dass das unter 40, unter 50 niemand außer mir gemacht hat. Das macht frei. Das war schön."
Anna Basener hat sogar ein Sachbuch über das Verfassen und Publizieren von Heftromanen veröffentlicht, manche behaupten sogar: das Standardwerk zum Thema. Irgendwann wollte sie allerdings popliterarischer schreiben, witziger und über eigene Themen statt immer nur über tragische Adelsliebe und lüsterne Cowboys: So kam die "Omma" ins Spiel.

Auszug Hörbuch "Als die Omma den Huren noch Taubensuppe kochte"
"Es klingelt, bevor ich wieder in meinem Zimmer bin. Ich seufze und mache auf, und da steht sie und keucht und kann mich vor lauter Schnaufen kaum ansehen. Oma?!"

Die Hauptfiguren in Anna Baseners Roman "Als die Omma den Huren noch Taubensuppe kochte" sind autobiografisch inspiriert: Es geht um eine junge Frau, wie die Autorin ursprünglich aus Essen, und ihre Großmutter, die zu ihr nach Berlin kommt – ein feierfreudiges, durchsetzungsstarkes Ruhrpott-Original mit fünf Kindern von drei Männern.

Putzfrau-Oma mit der Kittelschürze

"Ich bin sehr bürgerlich aufs Gymnasium gegangen, aber meine Herkunft väterlicherseits war sehr klassisch Ruhrpott-arbeitermäßig, und diese beiden Welten, wenn man das als Perspektive nimmt, Perspektive von Gymnasiasten auf die Putzfrau-Oma mit der Kittelschürze und den Plastikfingernägeln, dann ist das schon der Ursprung meines Interesses."
Die fiktive "Omma" hat im Puff geputzt und mal einen Zuhälter erschlagen. Anna Baseners echte Oma hatte auch sehr eigene Vorstellungen. Ein Jahr vor ihrem Tod, mit 84, hat sie ihre Enkelin in Berlin besucht, elf Stunden Busfahrt.
"Mein Freund war einkaufen, und dann hat sie gekocht. Und danach macht er den Kühlschrank auf, und da war die Butter alle. Und das ist halt so dreimal passiert, weil immer so ein halbes Päckchen Butter im Essen gelandet ist. Und das inmitten von Prenzlauer Berg, wo alle anderen immer nur grünen Smoothie trinken und gar kein Fett verwenden, und Oma – den ganzen Buttervorrat aus dem Supermarkt haben wir gekauft, als Oma da war."
Derzeit wird die "Omma" verfilmt. Am Drehbuch hat auch Anna Basener mitgeschrieben. Außerdem wird die dramatisierte "Omma" bald am Theater Dortmund uraufgeführt.

Auszug Hörbuch "Als die Omma den Huren noch Taubensuppe kochte"
"'Soll dat ein Witz sein? Hältst du mich für bescheuert?' Unsanftes Rütteln an meinem Arm weckt mich. Ich sehe die Oma verwirrt an. Sie steht auf der Hochbettleiter, unten auf dem Boden liegt ihre Matratze. Wann hat sie die denn reingetragen? Hat die hier geschlafen?"

Soeben ist Baseners neuer Roman erschienen: "Schund und Sühne", die perfekte Verbindung ihrer Interessen und Erfahrungen: Im Mittelpunkt dieser modernen Cinderella-Story mit Anleihen am Groschenroman steht – eine Groschenromanautorin. Daneben gibt es noch einen schwulen Prinzen, eine schießwütige Prinzessin und einen Rosenkavalier, der die Welt retten will.
"Es sind alles Figuren, die ich bei einem Groschenroman nicht durchgekriegt hätte. Also, wenn ich einen Groschenroman geschrieben hätte – das sind immer ein, zwei, drei Schritte zu viel."
Anna Basener bekennt, nicht ohne Ironie, ihre Liebe zu Kitsch, Eierlikör und dem europäischen Hochadel. Auch literarisch bewegt sie sich mit Vergnügen zwischen Anspruch und Unterhaltung. Man könnte sagen: Sie hat sich ihre ganz eigene Nische erschaffen.

Auszug Lesung "Schund und Sühne"
"Die Prinzessin blickt vom Brautstrauß auf den Kratzer, er färbt sich rot, als ihr von rechts ein Ellbogen entgegenfliegt und mitten in ihrem Gesicht landet. Der Kopf der Prinzessin wird zur Seite geschleudert, die Frisur hält."

In der Buchhandlung in Berlin-Mitte lacht sie ein letztes Mal ihr glockenhelles Lachen. Dann erhebt sie sich anmutig von ihrem Stuhl und schwebt hinaus in die Großstadt, neuen Geschichten voller Schicksalsschläge, Schönheit und schillerndstem Schund entgegen.
Mehr zum Thema