Anleger

Vom Sinn der Börse

Journalisten, Gäste und Zalando-Mitarbeiter bevölkern am 01.10.2014 beim Börsengang des Online-Händlers Zalando SE in Frankfurt am Main (Hessen) das Parkett der Wertpapierbörse.
Die Zalando-Aktie ist am 1.10.14 mit einem Kurs von 24,10 Euro an der Börse gestartet. © dpa / picture-alliance / Arne Dedert
Von Brigitte Scholtes · 13.10.2014
Aktienindizes, Dividende, Obligationen - die meisten Bundesbürger verstehen "nur Bahnhof". Doch wer sein Geld an der Börse anlegen möchte, sollte informiert sein. Idealerweise schon ab der Schulzeit, sagt unsere Wirtschaftskorrespondentin Brigitte Scholtes.
Weil sich die Aktienkurse von Zalando oder Rocket Internet seit deren Börsengängen vor knapp zwei Wochen schlecht entwickelt haben, kommen jetzt Forderungen auf, nur nachhaltig profitable Unternehmen sollen noch an die Börse gehen dürfen.
Da haben wohl einige nicht verstanden, was der Sinn der Börse ist.
An der Börse sammeln Unternehmen Geld von Anlegern ein, um dieses dann zu investieren. In Innovationen etwa oder in ihre weitere Expansion. Nur so können viele Firmen Geld auftreiben, nur so aber auch oft Chancen wahrnehmen. Aber immer ist mit der Investition in Aktien Risiko verbunden. Das gilt aber auch dann, wenn ein Unternehmen Gewinne schreibt und erst dann an die Börse geht: Denn auch in diesem Fall kann der Kurs nach der Erstnotiz noch einbrechen. Von Kursstürzen können sich Unternehmen nämlich auch wieder erholen. Mit einer Aktienanlage gehen Investoren nämlich ein unternehmerisches Risiko ein. Sie ist keine Vollkaskoversicherung.
Ob es sich lohnt, Geld in diese Firmen zu stecken, das muss jeder Anleger für sich selbst entscheiden. Informieren kann er sich darüber in Wertpapierprospekten, in denen die Aktiengesellschaften vor einem Börsengang Chancen und vor allem Risiken benennen müssen, oder in Bilanzen, die sie regelmäßig nach dem Börsengang vorlegen müssen. Auch bei Zalando oder Rocket Internet war nachzulesen, wie es um sie steht.
Das aber heißt, dass sich Anleger mit der Geldanlage beschäftigen, dass sie Arbeit und Zeit investieren müssen, um zu verstehen, ob sich eine Aktie oder ein Zertifikat oder auch ein anderes Projekt für sie eignet. Ob sie bereit sind, ins unternehmerische Risiko zu gehen, ihr Geld ganz oder teilweise zu verlieren – aber andererseits eben auch höhere Chancen auf mehr Rendite zu haben. Oder ob ihnen das zu viel Stress bedeutet und ihnen deshalb ruhiger Schlaf mehr wert ist als die Sorge ums Geld. Dann nämlich ist Aktienanlage für sie nicht geeignet.
Keine Regulierung um jeden Preis
Zeit investieren viele Verbraucher, wenn sie ein neues Auto oder nur eine neue Waschmaschine kaufen wollen. Diese Zeit und Arbeit aber wenden sie häufig nicht auf, wenn es um die Geldanlage geht. Das fällt vielen aber auch deshalb schwer, weil ihre Finanzbildung nicht ausreichend ist. Deswegen sollten sich Politiker eher damit profilieren, diese Bildungsmöglichkeiten zu verbessern. Das sollte schon in der Schule beginnen. Wenn schon junge Menschen mit dem Vermögensaufbau anfangen, dann sind sie später besser in der Lage, Risiken abzuschätzen. Und sie lassen sich dann ihre Geldanlagen nicht von teils dubiosen Beratern aufschwätzen.
Denn das ist ein weiteres Manko: Beratung soll nichts kosten, also lässt man sich vom Bank- oder Versicherungsberater Produkte andrehen, die den eigenen Bedürfnissen nicht genügen. Daran haben auch Beratungsprotokolle und schärfere Regulierung bisher nicht allzu viel geändert. Oder man sitzt Werbung auf, die auch mit Beratung nichts zu tun hat. Diese zu verbieten, ist sicher eine Form des Anlegerschutzes, die sinnvoll sein kann. Regulierung also ja – vor allem nach den Auswüchsen der letzten Jahre.
Aber nicht Regulierung um jeden Preis, für jeden Winkel des Anlegerlebens. Das würde die Freiheit zu sehr einschränken, auch die Freiheit, Fehler zu machen. Viel ließe sich auch schon vermeiden, wenn nur die bestehenden Gesetze richtig angewandt würden.
Aber es bleibt dabei: der wesentliche Anlegerschutz ist Finanzbildung. Das aber ist nicht so populär, damit kann man nicht so schnell die Gunst der Wähler gewinnen. Finanzbildung wäre aber eine viel demokratischere Form des Anlegerschutzes.
Mehr zum Thema